Nr. 117/2025

Bildung marginalisierter Gruppen – besonders von Frauen in Afghanistan – durch Online-Weiterbildun- gen in den Bereichen IT, Programmierung, KI und Webentwicklung sowie durch Mentoring und Coa- ching. Die Förderung ihrer Forschung durch die Phi- lipp Schwartz-Initiative beschreibt Mursal Dawodi als „Brücke in ein neues Leben“, in dem sie ihre For- schungsagenda selbst definieren könne. Für sie, so die KI-Forscherin, sei Wissenschaftsfreiheit schlicht lebensnotwendig. „Genau deshalb wird sie von auto- ritären Regimen so oft bekämpft.“ KORREKTIV UNTER DRUCK Ähnlich äußert sich Robert Quinn, Executive Direc- tor des internationalen Scholars at Risk Network. Die Organisationmit Hauptsitz an der New York Uni- versity ist seit Gründung der PSI ein enger Partner, unterstützt die Initiative unter anderem dabei, die Gefährdungslage von Forschenden einzuschätzen. „Wissenschaftsfreiheit berührt die Frage, in welcher Gesellschaft wir leben wollen“, betont Quinn (↘mehr im Interview S. 21 ff.) . „FreieWissenschaft sucht nach der Wahrheit, hilft uns durch ihre Erkenntnisse auto- nome und gute Entscheidungen zu treffen und kon- struktiv mit Herausforderungen und unterschiedli- chenMeinungen umzugehen.“ Das hierbei generierte Wissen sei nicht nur eine Orientierungshilfe, son- dern wirke auch als gesellschaftliches Korrektiv. „Von einer freien Wissenschaft müssen sich Macht- habende kritische Fragen gefallen lassen. Genau das aber wollen Autokraten vermeiden“, sagt er. „Statt auf Fakten stützen sich solche Menschen auf das Prin- zip: ‚Weil ich es sage‘ – egal, ob ihre Worte der Reali- tät entsprechen oder nicht.“ BeimThemaWissenschaftsfreiheit galten die USA bis vor wenigen Jahren noch als eine der führen- den Nationen. Nun erlebt Quinn aus nächster Nähe, wie sich die politische Kultur seines Landes massiv verändert – und was das auch für den Schutz gefährdeter Forschen- der bedeutet. „Europa unternimmt in diesem Bereich viel mehr und hat die USA in Bezug auf die För- derung akademischer Freiheit inzwischen überholt“, so der Jurist. Dennoch könne man sich in Europa nun nicht entspannt zurücklehnen. Angesichts der politischen Verwerfungen in Teilen Europas warnt er: „Die Zeit, in der wir uns auf allgemeine Grundsatzerklärungen und eine Tradition der Zurückhaltung von Regierun- gen verlassen konnten, ist vorbei.“ Entsprechend soll- ten europäische Entscheidungsträger*innen die freie Forschung in ihren Ländern nun so schnell und so gut wie möglich rechtlich absichern. NOCH IMMER GESCHÄTZT UND GESCHÜTZT Mit Blick auf aktuelle Daten aus demAcademic Free- dom Index spricht die Politikwissenschaftlerin Kat- rin Kinzelbach von einem leichten Rückgang der Wissenschaftsfreiheit in Deutschland. Insgesamt sei sie jedoch weiterhin sehr gut geschützt. „Einfa- che Rezepte, das dauerhaft abzusichern, gibt es aber nicht“, betont sie. „Alle Freiheiten sind errungen und somit potenziell bedroht. Wir müssen sie aktiv ver- teidigen.“ Dazu brauche es Allianzen, Praktiken, Strukturen – national, europaweit, international. „Die Philipp Schwartz-Initiative ermöglicht die Auf- Die Zukunft der Wissenschafts- freiheit: Weitere Stimmen in der Heftmitte Seite 36 Kabul, Afghanistan, Oktober 2021: Lehrerinnen und Studentinnen demonstrieren für gleiche Rechte und Bildung für Frauen und Mädchen. SCHWERPUNKT 10 JAHRE PHILIPP SCHWARTZ-INITIATIVE 18

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