Nr. 117/2025
Alphamännchen nicht zwingend amerfahrensten ist. In ihrem aktuellen Projekt erforscht Crofoot das kol- lektive Schlafverhalten der Paviane: Wie wird der richtige Baum für die Nacht ausgewählt? Wann wird geschlafen? Wann aufgestanden? Neben wem schla- fen die Tiere? Was passiert, wenn ein Leopard nachts den Baum erklimmt? „Bei Pavianen entstehen Kon- flikte, wenn es darum geht, die individuellen Inter essen mit den Interessen der Gruppe in Einklang zu bringen, genau wie beim Menschen“, sagt Crofoot. „Es geht also um Fragen, die auch den Kern unserer tagtäglichen Konflikte und Spannungen berühren.“ An Crofoots Institut in Konstanz befassen sich ihre Kolleg*innen mit dem Gruppenverhalten wei- terer Tierarten. Sie untersuchen beispielsweise das Jagdverhalten sozialer Fleischfresser, die in Grup- pen, Rudeln oder Familien leben und bei der Jagd oft kooperativ zusammenarbeiten, wie etwa Löwen und Hyänen. Oder die Entscheidungsfindung bei Fleder- mäusen. „Das Ziel ist, dass wir irgendwann die all- gemeingültigen Regeln verstehen, die das kollektive Sozialverhalten von Tieren bestimmen“, sagt Crofoot. Dafür brauche es vergleichbare Daten über viele Spe- zies hinweg – ein Vorhaben, das nur in Kooperation gelingen könne. Für Crofoot gehört die Förderung des wissenschaftlichen Nachwuchses dabei selbst- verständlich dazu, insbesondere von Forschenden aus dem globalen Süden. Dafür setzt sie sich auch als Scout im Henriette Herz-Scouting-Programm machen Dynamiken sichtbar, die mit bloßem Auge nicht erkennbar sind.“ Weil Kapuzineraffen schwer zu fangen sind, wich Crofoot bei ihren Untersuchungen zusätzlich auf Paviane aus – und wechselte dafür von Panama nach Kenia. „Paviane sind sehr nahrungsmotiviert, sodass sie oft einfach in die Käfigfallen spazieren“, sagt sie. „Es ist also viel leichter, die Tiere sicher und unbe- schadet einzufangen, um sie mit Trackern auszu- statten.“ In Kenia folgen Crofoot und ihr Teammit dem Jeep den Pavianen, die sie mit Halsbändern ausgestat- tet haben. Sie speichern Daten zu Geschwindigkeit, Laufrichtung sowie Lautäußerungen und kombinie- ren diese mit Wetter- und Umweltdaten. Allabend- lich nähern sich die Forschenden den Pavianen, um die in den Halsbändern gespeicherten Daten draht- los herunterzuladen und in die Datenbank zu über- tragen. So entsteht ein umfassendes Bild. Eine über- raschende Erkenntnis, die sie auf dieseWeise bereits gemacht haben: Obwohl Paviangruppen hierarchisch organisiert sind, entscheidet die Mehrheit über die Richtung. „Selbst das ranghöchste Pavianmännchen bestimmt nicht, welche Route die Gruppe einschlägt“, sagt Crofoot. „Das ist ein demokratischer Abstim- mungsprozess.“ Vielleicht, so vermutet sie, weil das Bei Panama-Kapuzineraffen sind aggressive Auseinandersetzungen mit Rivalen an der Tagesordnung. Feldkurs am Mpala Research Centre in Kenia: Lokale und internationale Studierende werden in quantitativer Verhaltensforschung geschult. Bei gegenseitigen Besuchen kooperieren die Studierenden und können so ganz praktisch von den Erfahrungen der jeweils anderen profitieren. Meg Crofoot über ihre Nachwuchs-Projekte „ › Fotos: Christian Ziegler /Max-Planck-Institut für Verhaltensbiologie FORSCHUNG HAUTNAH 33 HUMBOLDT KOSMOS 117/2025
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