Sofja Kovalevskaja-Preisträger 2008

Saturn-ähnliches Dekortationsbild

Kontakt

Kristina Güroff
Presse, Kommunikation und Marketing
Tel.: +49 228 833-144
Fax: +49 228 833-441
presse[at]avh.de

Georg Scholl
Leiter
Presse, Kommunikation und Marketing
Tel.: +49 228 833-258
Fax: +49 228 833-441
presse[at]avh.de

Cinzia Casiraghi

Experimentelle Festkörperphysik

Ein- und zweidimensionaler Kohlenstoff für schnellere PC-Prozessoren
Nanoröhrchen aus Kohlenstoff gehören zu den verheißungsvollsten Entdeckungen der modernen Materialforschung. Sie bestehen aus Graphen, einer erst 2004 entdeckten neuen Form des Kohlenstoffs mit erstaunlichen Eigenschaften: In Kohlenstoffnanoröhrchen können sich Elektronen massefrei und damit widerstandsfrei bewegen. Für den Einsatz in leistungsfähigeren Halbleitern wären sie damit wie geschaffen. Wie die besonderen physikalischen Eigenschaften entstehen, konnte die Forschung bislang nicht herausfinden. Fest steht nur, dass sie mit der Form, Größe oder Struktur der verschiedenen Nanosysteme zu tun haben -  vom dreidimensionalen Graphit über das zweidimensionale Graphen bis zu den eindimensionalen Kohlenstoffröhrchen. Cinzia Casiraghi setzt hier an und erforscht, wie sich etwa aus Graphen durch Stapeln einzelner Schichten Graphit entwickelt oder wie man durch Aufrollen von Graphen Kohlenstoffnanoröhrchen erhält. Damit rücken Anwendungen der neuen Nanomaterialien etwa in schnelleren und energieeffizienteren elektronischen Transistoren näher. 

Gastinstitut: Freie Universität Berlin, Fachbereich Physik 
Gastgeberin: Prof. Dr. Stephanie Reich

Dossier Sofja Kovalevskaja-Preis 

Dr. Cinzia Casiraghi,
geboren 1975 in Italien, studierte Kernenergietechnik an der Politecnico di Milano. Sie wurde 2005 im Fach Elektrotechnik an der Universität Cambridge, Großbritannien, promoviert und blieb dort zwei Jahre lang als Oppenheimer-Stipendiatin. Als Humboldt-Stipendiatin forscht sie seit 2007 an der Freien Universität Berlin; dort wird sie auch als Sofja Kovalevskaja-Preisträgerin arbeiten.

Karl Sebastian Lang

Hepatologie

Wenn das Immunsystem außer Kontrolle gerät
Unser Körper wird ständig von Infektionserregern bedroht. Um sie abzuwehren, läuft das menschliche Immunsystem auf Hochtouren – und schießt dabei manchmal über das Ziel hinaus. Hierbei kann es Kollateralschäden an körpereigenen Zellen verursachen, die mitunter schlimmer sind als das Wirken der eingedrungenen Erreger. Bei Autoimmunerkrankungen wenden sich die eigenen Abwehrzellen sogar gegen körpereigene Strukturen, die sie irrtümlich als fremd erkennen. Karl Sebastian Lang erforscht die Ursachen solcher Fehlleistungen und liefert so die Grundlage für Methoden, mit denen autoaggressive Immunreaktionen minimiert werden können. So konnte er beispielsweise bereits zeigen, wie Virusinfektionen zum Typ I Diabetes führen können oder dass der Verlauf einer Virushepatitis nicht nur vom Immunsystem, sondern auch von der genetischen Ausstattung der Leberzellen abhängt. 

Gastinstitut: Universität Düsseldorf, Klinik für Gastroenterologie, Hepatologie und Infektiologie
Gastgeber: Prof. Dr. Dieter Häussinger

Priv. Doz. Dr. Karl Sebastian Lang,
geboren 1977 in Österreich, studierte Medizin in Innsbruck und Tübingen, wo er 2003 promoviert wurde. Im Anschluss wechselte Lang nach Zürich, Schweiz, und erhielt dort 2007 die Lehrbefugnis für Immunologie. Lang ist am Brustkrebszentrum des Princess Margaret Hospital in Toronto, Kanada, tätig.

Esther Lutgens

Pathophysiologie

Hoffnung auf eine wirksame Therapie der Volkskrankheit Atherosklerose
Immer mehr Menschen in der westlichen Welt erkranken an Herz- und Gefäßerkrankungen. Laut Weltgesundheitsorganisation starben hieran 2006 rund 7 Millionen Menschen in Nordamerika und Europa. Ursache sind meist die Folgen einer Atherosklerose. Hierbei lagern sich Gewebeschichten, sogenannte Plaques, an der Innenwand von Blutgefäßen ab und können schließlich zum kompletten Verschluss führen. Ein besonderes Risiko sind Plaquestücke, die plötzlich herausbrechen und die Arterie durch Thrombosenbildung auf der vorhandenen Plaque direkt verschließen. Esther Lutgens hat ein Molekül des menschlichen Immunsystems als möglichen Schlüssel für eine wirksame Therapie gefunden: Hemmt man das Molekül CD40L, so wird das Wachstum der Plaque ebenso unterdrückt wie Entzündungen, die zum Herausbrechen von Plaquestücken führen können. Das Problem: Hemmt man das Molekül, leidet die Immunabwehr. Esther Lutgens sucht daher nach einem Weg, wie gezielt nur das Plaquegewebe gegen CD40L unempfindlich gemacht werden kann, so dass das Molekül in anderen Zellen ungehemmt seine wichtige Wirkung entfalten kann.

Gastinstitut: RWTH Aachen, Institut für Molekulare Herz-Kreislaufforschung IMCAR
Gastgeber:  Prof. Dr. Christian Weber

Prof. Dr. Esther Lutgens,
geboren 1975 in den Niederlanden, studierte Medizin an der Universität Maastricht, wo sie 2001 promoviert wurde. Nach Forschungsaufenthalten an der Harvard Medical School in Boston, USA, und der Dartmouth Medical School Hanover, USA, kehrte Lutgens zurück an die Universität Maastricht, wo sie als Associate Professor tätig ist.

Nathan MacDonald

Biblische Theologie

Die Suche nach dem einen Gott
Mit dem Glauben an einen einzigen Gott liefert das Judentum die Grundlage auch für die anderen beiden monotheistischen Weltreligionen, das Christentum und den Islam. Der Weg zum jüdischen Monotheismus war jedoch lang. Anders als oftmals angenommen, ging die Suche nach dem einen Gott auch nach dem Ende des babylonischen Exils im 6. Jahrhundert vor Christus weiter, wie die Forschung von Nathan MacDonald zeigt. Es dauerte Jahrhunderte, bis sich aus vielfältigen nebeneinander stehenden Ansätzen die endgültige Konzeption des jüdischen Monotheismus durchsetzte. Nathan MacDonald analysiert diesen Prozess und schafft so ein neues Verständnis auch für die Entstehung des Christentums und des Islams sowie für Unterschiede und Gemeinsamkeiten, die den Dialog und die Konflikte der drei Weltreligionen bis heute begleiten.

Gastinstitut: Universität Göttingen, Theologische Fakultät
Gastgeber: Prof. Dr. Hermann Spieckermann

Dr. Nathan MacDonald,
geboren 1975 in Großbritannien, studierte Mathematik, Theologie und Klassisches Hebräisch an den Universitäten Cambridge und Durham, bevor er 2002 an der Universität Durham in Alttestamentlicher Theologie promoviert wurde. MacDonald forscht und lehrt seit 2001 an der Universität St. Andrews, Großbritannien. Ein Forschungsaufenthalt als Stipendiat der Alexander von Humboldt-Stiftung führte ihn 2007 an die Ludwig-Maximilians-Universität München. 

Daniele Oriti

Theoretische Physik

Die Verquantung der Gravitation: Neue Einsichten in das frühe Universum und die Eigenschaften von Raum und Zeit
Die allgemeine Relativitätstheorie und die Quantentheorie sind Säulen der modernen Physik. Die eine erklärt die Bewegung der Planeten im Sonnensystem und die Entwicklung des Universums, die andere das Verhalten der Materie im mikroskopischen Bereich. Was den Physikern Kopfzerbrechen bereitet: Die beiden Theorien passen nicht zusammen. Um das Innenleben Schwarzer Löcher oder den Beginn des Universums zu beschreiben, müssen aber sowohl Einsteins geometrisches Modell der Gravitation als auch die Quantengesetze angewandt werden. Seit Jahrzehnten suchen Forscher deshalb nach einer Theorie der Quantengravitation, die beide Ansätze in Einklang bringt. Daniele Oriti erforscht verschiedene Erklärungsansätze dieser Theorie, vor allem die Schleifen-Quantengravitation, Spinschaum-Modelle und Gruppen-Feld-Theorien, die alle davon ausgehen, dass Raum grundsätzlich abstrakt ist und aus Blöcken, ähnlich Legosteinen, besteht, die miteinander interagieren und gemeinsam formen, was wir üblicherweise als Raum wahrnehmen. Eine spektakuläre Konsequenz dieses Bildes könnte sein, dass das Urknall-Szenario ersetzt werden muss durch das Modell eines Universums, das zunächst kollabiert und dann wieder expandiert. Oritis Arbeit auf diesem Gebiet könnte die Theorie der Quantengravitation ein Stück weiter bringen - und damit Antworten auf grundlegende Fragen nach den Eigenschaften von Raum und Zeit und dem Ursprung unseres Universums geben.

Gastinstitut: MPI für Gravitationsphysik (Albert-Einstein-Institut), Golm
Gastgeber: Prof. Dr. Thomas K. Thiemann

Dr. Daniele Oriti,
geboren 1976 in Italien, studierte Physik an der Universität Rom und Mathematik an der Universität Cambridge, Großbritannien, wo er 2003 promoviert wurde. In Cambridge forschte er am Institut für angewandte Mathematik und Theoretische Physik, bis er 2006 an das Spinoza-Institut für Theoretische Physik der Universität Utrecht, Niederlande, wechselte.

Jan-Erik Siemens

Neurophysiologie

Erste Schritte auf dem Neuland des molekularen Fühlens
Ob es stürmt und schneit oder ob die Sonne vom Himmel brennt: Der Mensch schafft es, seine Körpertemperatur bei etwa 37 Grad Celsius konstant zu halten. Verantwortlich hierfür ist eine Region im Gehirn, der Hypothalamus. Er ist gewissermaßen das zentrale Thermostat des Körpers und registriert die kleinsten Veränderungen, die ihm die überall im Organismus verteilten Temperaturfühler zuleiten. Über die molekularen Mechanismen, mit deren Hilfe Neuronen die Abweichungen wahrnehmen, weiß die Forschung nur wenig. Jan-Erik Siemens hat entscheidend dazu beigetragen, einen temperaturempfindlichen Ionenkanal, TRPM8 genannt, zu charakterisieren, der speziell dann aktiviert wird, wenn die Umgebungstemperatur sinkt. Er möchte herausfinden, wie dieser Temperaturfühler dem Hypothalamus auf molekularer Ebene hilft, die normale Kerntemperatur aufrechtzuerhalten. Die Entdeckung hierfür zuständiger Moleküle wird von grundlegender Bedeutung sein für das bisher noch nicht betretene Neuland des molekularen Fühlens.

Gastinstitut: Max-Delbrück-Centrum für Molekulare Medizin (MDC), Berlin
Gastgeber: Prof. Dr. Gary R. Lewin

Dr. Jan-Erik Siemens,
geboren 1973 in Deutschland, studierte Biochemie an der Ruhr-Universität Bochum und der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt/Main. 2004 wurde er an der Universität Basel, Schweiz, in Zellbiologie und Neurobiologie promoviert. Seit 2005 forscht Siemens an der University of California in San Francisco, USA.

Mirka Uhlirova

Molekulare Genetik

Krebs verstehen durch Drosophila
Die Entstehung von Krebs kann vielerlei Ursachen haben. Fast jeder normale Vorgang in einer Zelle kann durch molekulare Defekte so gestört werden, dass er pathologisch wird und zur Krebsentstehung beiträgt. Aktuelle Studien weisen darauf hin, dass die genetischen Veränderungen in den potentiellen Krebszellen nicht allein für die Tumorbildung verantwortlich sind. Um bösartigen Krebs zu entwickeln, müssen die anomalen Zellen auch ihr Umfeld umprogrammieren und die Kontrollsignale benachbarter Zellen inaktivieren oder ignorieren. Forscher wissen erst sehr wenig über diese Kommunikation zwischen Tumorzellen und ihrer Umgebung, da diese Vorgänge schlecht an Einzelzellen außerhalb des Organismus untersucht werden können. Mirka Uhlirova benutzt deshalb als Modell die Taufliege Drosophila melanogaster, um im lebenden Organismus die molekularen Mechanismen zu untersuchen, die durch Tumorbildung fehlgesteuert werden und zur Krebsentstehung beitragen. Sie hat neue Gene identifiziert, die an diesen Prozessen beteiligt sind, und will herausfinden, welche Rolle sie bei der Zellwanderung und den Interaktionen von Tumoren mit ihrer Umgebung spielen. 

Gastinstitut: Universität Köln, Institut für Genetik
Gastgeber: Prof. Dr. Maria Leptin

Dr. Mirka Uhlirova,
geboren 1977 in der Tschechischen Republik, studierte Biologie in Prag und Ceske Budejovice (Budweis), wo sie 2004 promoviert wurde. Als NATO-Stipendiatin war sie 2003 an der Colorado State University in Fort Collins, USA. Seit 2004 forscht sie an der Universität Rochester, USA.

Aleksi Vuorinen

Schwerionenphysik

Dem Urknall auf der Spur: Die Rekonstruktion der heißen Materie
Am Anfang war es heiß. Wenige Augenblicke nach dem Urknall, glaubt die Forschung, war die Materie des Universums ein extrem heißes und komprimiertes Gewimmel aus verschiedenen Teilchen, das so genannte Quark-Gluon-Plasma. Aus ihm gingen die Bausteine der heute bekannten Materie hervor. Um diesen Zustand zu rekonstruieren und mehr über das frühe Universum lernen zu können, werden Experimente im neuen Large Hadron Collider (LHC) am europäischen Kernforschungszentrum CERN in der Nähe von Genf durchgeführt. Hierzu gehören Zusammenstöße von Schwerionen, durch die Energiedichten erreicht und untersucht werden können wie sie im frühen Universum herrschten. Aleksi Vuorinen hat sich das theoretische Verständnis und die Vorhersage der Eigenschaften der auf diese Weise erzeugten extrem heißen Materie als Ziel gesetzt. Hierzu führt er Berechnungen durch, die er unter anderem durch neue mathematische Methoden, die auf der Allgemeinen Einsteinschen Relativitätstheorie fußen, verfeinern wird, um sie mit den hoffentlich im LHC gewonnenen experimentellen Daten zu vergleichen. Das Verständnis für den Ursprung des Universums und seiner heutigen Form würde so um ein weiteres Stück wachsen.

Gastinstitut: Universität Bielefeld, Fakultät für Physik, Abteilung für Theoretische Physik
Gastgeber: Prof. Dr. Mikko Laine

Dr. Aleksi Vuorinen,
geboren 1980 in Finnland, studierte Theoretische Physik an der Universität Helsinki, wo er 2003 promoviert wurde. Nach einem dreijährigen Forschungsaufenthalt an der Universität Washington, USA, ging er als Lise Meitner-Stipendiat an die Technische Universität Wien, Österreich. Zurzeit forscht Vuorinen am Europäischen Kernforschungszentrum (CERN) in Genf, Schweiz.