Sofja Kovalevskaja-Preisträger 2012

Saturn-ähnliches Dekortationsbild

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Pavel Buividovich

Theoretische Physik

Schneller rechnen, mehr verstehen: Bessere Analysen von Experimenten am Teilchenbeschleuniger
Eine der großen offenen Fragen der Teilchenphysik ist, wieso es im Universum mehr Materie als Antimaterie gibt. Experimente wie die am großen Teilchenbeschleuniger des CERN in Genf durchgeführten, sollen Antworten bringen. Pavel Buividovich trägt mit seiner Forschung dazu bei, die Ergebnisse solcher Experimente zu verstehen. Er arbeitet auf dem Gebiet der Gittereichtheorie, die es erlaubt, die Grundgleichungen etwa der Quantenchromodynamik (QCD), also der Theorie der Quarks, der Gluonen und ihrer Wechselwirkung, auf einigen der weltweit leistungsstärksten Großrechnern zu lösen. Buividovich arbeitet daran, die Rechenprozesse mit neuen Algorithmen drastisch zu verkürzen und untersucht den Einfluss sehr starker Magnetfelder, die durch Schwerionenkollisionen beispielsweise am CERN-Teilchenbeschleuniger erzeugt werden können, auf den QCD-Phasenübergang.

Gastinstitut: Universität Regensburg, Institut für Physik I, Theoretische Physik
Gastgeber: Prof. Dr. Andreas Schäfer

Dossier Sofja Kovalevskaja-Preis 

Dr. Pavel Buividovich
Geboren 1985 in Weißrussland, studierte Theoretische Physik in Moskau/Russland und Minsk/Weißrussland. Während seines Studiums und seiner Promotion war er Gastwissenschaftler an verschiedenen Universitäten in Deutschland, USA, Russland und Weißrussland. Er kommt vom Institute for Theoretical and Experimental Physics in Moskau, um als Kovalevskaja-Preisträger an der Universität Regensburg zu forschen.

Dmitry A. Fedosov

Biophysik

Blutströmung im Tumor: Wege für neue Therapien
Blut versorgt unseren Körper mit einer Vielzahl von wichtigen Nährstoffen und spielt bei der Infektionsbekämpfung eine zentrale Rolle, ermöglicht aber auch bei Krebserkrankungen das Tumorwachstum und die Metastasenbildung. Ein detailliertes Verständnis der Mikrozirkulation, also der Blutversorgung über kleinste Gefäße wie etwa Kapillaren, ist daher ein Schlüssel zur Behandlung von Krebs. Die Durchblutung ist nicht nur entscheidend für Tumorwachstum und –ausbreitung, sondern auch für die Diagnose und Behandlung, da die Blutgefäße auch Kontrast- und Arzneimitteln transportieren. Dmitry Fedosov hat eine Simulationsmethode entwickelt, um Blutströmungen unter verschiedensten Bedingungen am Computer vorherzusagen. Er wird diese Methode verwenden, um Blutströmungen in gesundem Gewebe und in Tumoren zu untersuchen. Dabei will er beispielsweise herausfinden, welchen Einfluss die stärker gewundenen und durchlässigeren Blutgefäße in Tumoren auf die Verteilung von Medikamenten haben und so neue Strategien für die Krebsbehandlung ermöglichen.

Gastinstitut: Forschungszentrum Jülich (FZJ), Institute of Complex Systems (ICS), Theorie der Weichen Materie und Biophysik (ICS-2) 
Gastgeber: Prof. Dr. Gerhard Gompper

Dr. Dmitry A. Fedosov
1981 in Russland geboren, studierte in Novosibirsk/Russland Mathematik, ging nach seinem Bachelor-Abschluss an die Pennsylvania State University/USA und anschließend an die Brown University in Providence, Rhode Island/USA, wo er 2010 promoviert wurde. Seine Fachgebiete sind Strömungsforschung, Technische Strömungslehre, Angewandte Mathematik und Biophysik. Er erhielt mehrere Auszeichnungen, unter anderem den Nicholas Metropolis Award und den David Gottlieb Memorial Award. Bereits seit 2010 forscht er an seinem Gastinstitut in Jülich.

Tanja Gaich

Organische Chemie

Ein Baustein für alle Fälle: Neue Wege zur Synthese von Pflanzenwirkstoffen
Inhaltsstoffe aus Pflanzen und Mikroorganismen spielen schon seit der Antike eine wichtige Rolle für die Entwicklung neuer Wirkstoffe und Medikamente. Oft müssen diese Inhaltsstoffe jedoch verändert und optimiert werden, um den Anforderungen der Medizin gerecht zu werden. Bislang wurden hierfür die entsprechenden Verbindungen individuell synthetisiert. Tanja Gaich hat eine Alternative zu diesem aufwändigen Verfahren entwickelt. Auf Basis eines einzigen Bausteins will sie eine Vielzahl verschiedener Verbindungen aufbauen und zu einer effizienteren Synthese von biologisch bedeutenden Molekülen kommen. Dazu stellt sie bekannte, aber auch hypothetische Biosynthesewege der Natur im Labor nach. Sie will hierbei grundlegende Fragen der Biosynthese beantworten und das Methodenspektrum der modernen synthetischen Chemie erweitern.

Gastinstitut: Universität Hannover, Institut für Organische Chemie
Gastgeber: Prof. Dr. Markus Kalesse

Dr. Tanja Gaich
Geboren 1980 in Österreich, studierte Chemie an den Universitäten Wien und Salzburg und promovierte an der Universität Wien im Fach Organische Chemie. Nach einem Forschungsaufenthalt am Scripps Research Institute in La Jolla/USA, habilitiert sie nun an der Universität Hannover, wo sie als Preisträgerin auch ihre Arbeitsgruppe aufbauen wird. Tanja Gaich erhielt den Dissertationspreis der Gesellschaft Österreichischer Chemiker und den Preis zur Förderung von Frauen in den Naturwissenschaften und der Mathematik, Laudimaxima, ausgelobt von der Universität Wien.

Kerstin Kaufmann

Pflanzenbiologische Grundlagenforschung

Die Evolution der Blüten
Die Entwicklung von Blüten gehört zu den wichtigsten Prozessen in Pflanzen. Sie wird gesteuert durch als Transkriptionsfaktoren bezeichnete Proteine. Diese kontrollieren die räumliche und zeitliche Aktivität einer großen Anzahl von Genen. Kerstin Kaufmann will die Funktion einer speziellen Familie solcher Regulatoren entschlüsseln, die sogenannten MADS-Box-Faktoren. Hierbei wird sie über die bisherige Modellpflanze Ackerschmalwand hinaus ihre Untersuchungen auf nah verwandte Pflanzenarten ausweiten und dabei eine Kombination aus Techniken anwenden, die es ermöglichen, regulatorische Kontrollmechanismen der Blütenentwicklung auf genomweiter Ebene zu vergleichen. Ihre Forschung wird neue Einblicke in die Evolution der für die Blütenbildung maßgeblichen Schlüsselregulatoren und der von ihnen kontrollierten Gene liefern.

Gastinstitut: Universität Potsdam, Institut für Biochemie und Biologie
Gastgeber: Prof. Dr. Bernd Müller-Röber

Dr. Kerstin Kaufmann
Geboren 1977 in Deutschland, studierte in Braunschweig und Jena Biologie und wurde 2005 promoviert. Nach Studienaufenthalten unter anderem in Schweden und den USA ist sie seit 2005 als Postdoc/Assistant Professor am University & Research Centre in Wageningen/Niederlande tätig. Als Auszeichnung erhielt sie neben weiteren den Examenspreis der Universität Jena. Von den Niederlanden ist sie im Dezember 2012 zu ihrem Gastinstitut in Potsdam gewechselt.

Na Liu

Optik

Mit Nanooptik tief in die Zelle schauen
Die noch junge Disziplin der Nanoplasmonik beschäftigt sich mit kleinsten elektromagnetischen Wellen, die von Metallpartikeln ausgehen, wenn diese auf Licht reagieren. Na Liu will diese Technik nutzen, um biologische und chemische Vorgänge auf der Ebene der einzelnen Partikel zu beobachten. Hierzu nutzt sie Goldnanopartikel, die sich etwa mit Zellmembranen oder DNA verbinden und mit Hilfe moderner Lasertechnik und hochauflösenden Mikroskopen beobachten lassen und zeigen, was unmittelbar in der Zelle oder während einer chemischen Reaktion passiert. Mit ihrer Methode will Na Liu neue und präzise Einblicke in die Biologie der Zellen und in die katalytische Chemie gewinnen.

Gastinstitut: Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme, Stuttgart
Gastgeber: Prof. Dr. Joachim P. Spatz

Dr. Na Liu
Geboren 1979 in China. Physik-Studium an verschiedenen chinesischen Universitäten, Wechsel an die Universität Stuttgart, dort Promotion (2009) und Postdoktorat. Anschließend weiteres Postdoktorat an der University of California in Berkeley/USA und seit 2011 Visiting Professor an der Rice University in Houston/USA. Erhielt verschiedene Preise, unter anderem den AGeNT-D Nanowissenschaftspreis und den Hertha-Sponer-Preis der Deutschen Physikalischen Gesellschaft. Seit August 2012 an ihrem Gastinstitut.

Veronika Lukacs-Kornek

Hepatologie

Einblicke in das Immunsystem der Leber
Die Leber erfüllt nicht nur im Stoffwechsel, sondern auch in der Immunabwehr vielfältige Aufgaben, die bislang wenig erforscht sind. Veronika Lukacs-Kornek will den Aufbau und die Funktion der Lymphgewebezellen in der Leber untersuchen und ihre Bedeutung für die Entstehung entzündlicher und chronischer Lebererkrankungen klären, die häufig zu Krebs führen. Ihre Forschung ist sehr relevant, da bisher für viele chronische Lebererkrankungen außer der Transplantation keine effektive Behandlung zur Verfügung steht. Jährlich sterben in Europa weit über 100.000 Menschen an einer Leberzirrhose, das Leberzellkarzinom ist einer der häufigsten bösartigen Tumore weltweit. Ein besseres Verständnis der immunologischen Funktionen, aber auch von Autoimmunerkrankungen der Leber könnte helfen, frühzeitig die Entwicklung und das Fortschreiten chronischer Lebererkrankungen zu verhindern.

Gastinstitut: Universität des Saarlandes, Saarbrücken, Universitätsklinik für Innere Medizin II
Gastgeber: Prof. Dr. Frank Lammert

Prof. Dr. Veronika Lukacs-Kornek
Geboren 1976 in Ungarn, Studium der Humanmedizin und Promotion (2001) in Budapest. Nach Studium in Deutschland zweite Promotion 2007 in Bonn im Fachgebiet Zellforschung/Immunologie. Anschließend Aufenthalt als Postdoc am Dana Farber Cancer Institute in Boston/USA. Seit August 2012 Professorin für Molekulare Immunologie und Gastroenterologie an ihrem Gastinstitut an der Universität des Saarlandes.

Ulf A. Orom

Molekularbiologie

Wie Gene die Proteinproduktion steuern
Seit Jahrzehnten weiß man, dass Ribonukleinsäure (RNA) eine wichtige Rolle bei einem Zwischenschritt der Genexpression spielt, bei der genetische Informationen in Proteine umgesetzt werden. In den letzten Jahren wurde herausgefunden, dass die RNA darüber hinaus eine unerwartet wichtige Rolle auch bei der direkten Steuerung der Genexpression spielt. Ulf A. Orom untersucht lange nicht-kodierende RNAs, die nicht direkt in die Proteinsynthese involviert sind, aber als Verstärker bei der Gentranskription wirken. Orom will die Eigenschaften und Funktionen dieses speziellen Typs von RNA erforschen. Seine Erkenntnisse könnten ein Schlüssel dafür sein, die Genexpression in vivo zu steuern und hieraus möglicherweise therapeutischen Nutzen zu ziehen.

Gastinstitut: Max-Planck-Institut für molekulare Genetik, Berlin, Abteilung Bioinformatik
Gastgeber: Prof. Dr. Martin Vingron

Dr. Ulf A. Orom
Geboren 1979 in Dänemark, studierte Biochemie an der University of Copenhagen/Dänemark und wurde dort 2008 promoviert. Verschiedene Gastaufenthalte im Ausland, unter anderem in Mailand und Barcelona. Seit 2011 als Postdoc an der Thomas Jefferson University, Philadelphia/USA. Beginn der Forschungsarbeiten an seinem Gastinstitut in Berlin im Juli 2012.

Miriam Ronzoni

Politische Theorie

Wege zu mehr Gerechtigkeit in Zeiten der Finanzkrise
Die längere Zeit aus der Mode gekommene Frage nach Gerechtigkeit ist spätestens seit der internationalen Finanzkrise und Initiativen wie der Occupy-Bewegung wieder aktuell – genau wie die gerechtigkeitstheoretische Forschung in der politischen Philosophie. Miriam Ronzoni hat die zeitweise als unpolitisch und wenig relevant kritisierte Diskussion in ihrer Disziplin revitalisiert und bringt die Gerechtigkeitstheorie wieder in Kontakt mit Themen wie der staatlichen Steuerungsfähigkeit und der Reform internationaler Institutionen. Sie steht für einen eigenständigen Ansatz, in dem es um die wechselseitige Abhängigkeit zwischen staatlichen und überstaatlichen Strukturen geht, auf deren Basis legitime und effektive Schutz- und Verteilungsmechanismen, zum Beispiel eine Regulierung der Finanzmärkte und des internationalen Steuerwettbewerbs, aufgebaut werden können.

Gastinstitut: Technische Universität Darmstadt, Institut für Politikwissenschaft
Gastgeber: Prof. Dr. Peter Niesen

Dr. Miriam Ronzoni
Geboren 1977 in Italien, studierte Philosophie und Politische Theorie an der Università degli Studi di Milano und an der University of Oxford/Großbritannien. 2009 promovierte sie mit einem Stipendium des Arts & Humanities Research Council (AHRC) im Fach Politische Theorie in Oxford. Nach Stationen als Dozentin an verschiedenen Universitäten in Großbritannien und als Max Weber Fellow am Europäischen Hochschulinstitut in Florenz ist sie wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Forschergruppe Justitia Amplificata („Erweiterte Gerechtigkeit - konkret und global“) an der Goethe-Universität Frankfurt. Wechsel an ihr Gastinstitut zum November 2012.

Patricia Schady

Astrophysik

Gewitter im Universum werfen Licht auf die Entstehung der ersten Sterne
Gamma-Blitze sind die energiereichsten bekannten Explosionen im Universium. Für wenige Sekunden sind sie die strahlendsten Objekte am Himmel und können bis zum Ende des sichtbaren Universums gesehen werden. Sie signalisieren den Astronomen den Tod eines massereichen Sternes und als Folge die Entstehung eines Schwarzen Loches. Die Wechselwirkung der Explosionswelle mit der umgebenden interstellaren Materie lässt ein Nachglühen mehrfach langwelliger Strahlung entstehen, welches tage- oder gar wochenlang nach der Ursprungsexplosion andauert. Bei über einem Drittel der Gammablitze fehlt jedoch dieses Nachglühen, man nennt dieses Phänomen die Dunklen Blitze. Patricia Schadys Arbeit hat die Ansicht gestärkt, dass solche Dunklen Blitze durch verschleiernde Lagen interstellaren Staubs verdeckt werden. Indem sie mit statistischen Mitteln die Staubeigenschaften in der nahen Umgebung der Gammablitze bestimmt, kann sie die Eigenschaften der Galaxien, in denen diese Explosionen auftreten, ableiten. Ihr Ansatz erlaubt so auch Rückschlüsse auf die Entstehung der ersten Sterne und Galaxien im frühen Universum.

Gastinstitut: Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik, Garching
Gastgeber: Prof. Dr. Kirpal Nandra

Dr. Patricia Schady
Geboren 1978 in Großbritannien, studierte Mathematik und Informatik am University College London sowie Radioastronomie am Jodrell Bank Centre for Astrophysics der University of Manchester/Großbritannien. Sie promovierte 2007 am Mullard Space Science Laboratory des University College London zum Thema Gammablitze. Zurzeit ist sie als Postdoc am Max-Planck Institut für extraterrestrische Physik in Garching tätig, wo sie ihre Forschungen als Kovalevskaja-Preisträgerin fortsetzen wird.

Richard Stancliffe

Physik der Sterne

Auf der Suche nach dem Fingerabdruck des Urknalls
Die Entstehung der chemischen Elemente beschäftigt die Menschheit seit langem. Im Urknall entstanden Wasserstoff und Helium, aber woher kommt der für das Leben so wichtige Kohlenstoff, das Kalzium in unseren Knochen und das Eisen in unserem Blut? Die Antwort liegt im tiefen Inneren der Sterne, wo thermonukleare Reaktionen neue Elemente erzeugen, welche mit dem Tod dieser Objekte in das Gas der Milchstraße abgegeben werden. Die ältesten Sterne in unserer Milchstraße sind die direkten Nachkommen der kurzlebigen ersten Generation massereicher Sterne. Sie bewahrten den chemischen Fingerabdruck der ersten Sterngeneration, den die Galaktische Archäologie und Forscher wie Richard Stancliffe heute analysieren können. Er leitet detaillierte Entwicklungsmodelle der ersten Sterne ab, die es ihm erlauben, die Elemententstehung auch in Sternen des heutigen Universums nachzuvollziehen.

Gastinstitut: Universität Bonn, Argelander Institut für Astronomie
Gastgeber: Prof. Dr. Norbert Langer

Dr. Richard Stancliffe
Geboren 1980 in Großbritannien, studierte Physik an der Universität zu Oxford und promovierte in theoretischer Astrophysik am Institute of Astronomy, University of Cambridge/Großbritannien in 2006. Er wechselte 2008 mit einem Stipendium des Australian Research Council an die Monash University, Melbourne/Australia. Zurzeit forscht er an der Australian National University, Canberra/Australien mit einem Stipendium der dortigen Research School of Astronomy and Astrophysics. Richard Stancliffe ist Mitglied der Astronomical Society of Australia. Wechsel an sein Gastinstitut im Oktober 2012.

Athanasios Typas

Mikrobengenetik

Tastorgan und Türwächter: Die verborgenen Funktionen der Bakterienhülle
Die Sequenzierung, also die Entzifferung des Erbguts von Bakterien hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Doch selbst bei künstlich gezüchteten Bakterien kennen wir noch immer nicht die Funktion von fast einem Drittel ihrer Gene. Nassos Typas entwickelt groß angelegte Lösungsansätze, um Genfunktionen zu verstehen und neu entdeckte Gene richtig einzuordnen. Im Mittelpunkt seiner Arbeit steht die Zellhülle mit ihren komplexen Funktionen. Sie schützt das Bakterium, ist zugleich Sensor und durchlässige Barriere. Nassos Typas will die Netzwerk-Architektur der Hülle entschlüsseln und über die darin stattfindenden wesentlichen Prozesse Aufschluss geben wie beispielsweise solche, die sich auf Antibiotikaresistenzen oder die Biofilmbildung auswirken. Seine Erkenntnisse könnten helfen, neue Medikamente zu entwickeln, aber auch die positive Rolle der Bakterien für Gesundheit und Umwelt besser zu verstehen und zu nutzen.

Gastinstitut: EMBL Heidelberg - European Molecular Biology Laboratory, Genome Biology
Gastgeber: Dr. Lars Steinmetz

Dr. Athanasios Typas
Geboren 1978 in Griechenland, Studium der Chemie und Biochemie an der Aristotle University in Thessaloniki. Anschließend Wechsel an die FU Berlin, wo er 2006 promoviert wurde. Nach einem Aufenthalt als Postdoc an der University of California, San Francisco/USA kommt er im September 2011 als Gruppenleiter der Abteilung Genome Biology zum EMBL Heidelberg, wo er seit Juli 2012 als Kovalevskaja-Preisträger forscht. Erhielt im Vorfeld den Ernst-Reuter-Preis der FU Berlin für herausragende Dissertationsarbeiten und einen Pathway to Independence Award der National Institutes of Health, USA.

Samuel Wagner

Mikrobiologie

Stich mit Folgen: Wie bakterielle Injektionsnadeln funktionieren
Bakterien wirken durch eine Vielzahl von Mechanismen auf ihre Umwelt ein. Ein Beispiel sind Typ III Sekretionssysteme, eine Art Bio-Nanomaschinen, mit denen Bakterien toxische Proteine wie mit einer Spritze in ihre Wirtszellen injizieren. Der Mikrobiologe Samuel Wagner erforscht an Salmonellen, wie diese bakteriellen Injektionsnadeln auf molekularer Ebene funktionieren und wie beispielsweise die Proteine durch die innere bakterielle Membran gelangen, um anschließend in die Wirtszelle abgegeben zu werden. Da Salmonellen und andere Bakterien ohne diesen Mechanismus keine Infektion auslösen können, birgt Samuel Wagners Arbeit großes Potential für die Entwicklung neuartiger Antibiotika, die diese Apparate hemmen. Würde ihre Funktionsweise entschlüsselt, wäre es außerdem denkbar sie umzufunktionieren und zu verwenden, um nützliche Proteine gezielt in Zellen zu transportieren.

Gastinstitut: Universität Tübingen, Institut für Medizinische Mikrobiologie und Hygiene
Gastgeber: Prof. Dr. Ingo B. Autenrieth

Prof. Dr. Samuel Wagner
Geboren 1978 in Deutschland, Studium in Marburg, Wechsel ans Karolinska Institut/Schweden, dort Master und später Promotion an der Universität Stockholm (2008). Gastaufenthalte an der Cornell University, Ithaca/USA, Postdoktorand an der Yale University, New Haven/USA. 2008 Gründung der Firma Xbrane Bioscience in Stockholm. Seit Juni 2012 als Kovalevskaja-Preisträger in Tübingen.

Nils B. Weidmann

Politikwissenschaft, Politologie

Die Rolle des Web 2.0: Zwischen demokratischer Revolution und ethnischer Propaganda
Spätestens seit dem Arabischen Frühling gilt das Internet vielen als wichtiges Instrument für den demokratischen Wandel. So können sich Gruppen austauschen, formieren und zu Demonstrationen verabreden. Ins Netz gestellte Handyvideos sorgen an staatlich kontrollierten Medien vorbei für eine alternative Berichterstattung. Doch auch Propaganda und Agitation in eigener Sache werden leichter. Nils B. Weidmann erforscht empirisch, welche Rolle das Internet und soziale Medien beim Kampf um demokratische Reformen und insbesondere um die Interessen ethnischer Minderheiten spielen. So will er in einem Feldversuch in Bosnien analysieren, wie das Internet interethnische Haltungen beeinflusst. Außerdem untersucht er mit Hilfe neuester Methoden der Informatik und Kommunikationstechnik, wie genau sich Gruppen in Massendemonstrationen online mobilisieren und zusammensetzen und wie man die Größe dieser Protestveranstaltungen bestimmen kann.

Gastinstitut: Universität Konstanz, Fachbereich für Politik- und Verwaltungswissenschaft
Gastgeber: Prof. Dr. Gerald Schneider

Dr. Nils B. Weidmann
Geboren 1976 in Deutschland, studierte Informatik an der Albert-Ludwigs-Universität Freiburg sowie Vergleichende und Internationale Studien an der ETH Zürich/Schweiz, wo er 2009 im Fach Politikwissenschaften promovierte. Nach Gastaufenthalten in den USA forscht er seit 2011 am Peace Research Institute Oslo/Norwegen. Ausgezeichnet unter anderem mit der Medaille der ETH Zürich für herausragende Doktorarbeiten.

Yan Yu

Elektrochemie

Neue Technik für die Batterien der nächsten Generation
Sie sollen leicht und klein sein, sicher, hohe Energiemengen speichern können, eine lange Lebensdauer haben, und sie sind der Traum der Automobilhersteller in aller Welt. Verbesserte Hochleistungsbatterien sind die Voraussetzung für einen flächendeckenden Siegeszug der Elektromobilität und sollen Strom auch in anderen Bereichen endlich besser speicherbar machen. Doch alle Anforderungen zu erfüllen, gleicht bislang einer Quadratur des Kreises. Yan Yus Forschung zu neuen Speichermaterialien für Lithium-basierte Batterien könnte aber einen Durchbruch bringen. Sie arbeitet mit Anoden aus Zinn-Nanopartikeln, die in leitfähigen Kohlenstofffasern eingebettet sind und den Vorteil bieten, dass sie in elektrochemischem Kontakt stehen, aber mechanisch entkoppelt sind, während übliche Zinnanoden mit der Zeit zerstört werden. Die Stabilität und das Speicherverhalten der nächsten Batteriegeneration könnten damit deutlich verbessert werden.

Gastinstitut: Max-Planck-Institut für Festkörperforschung, Abteilung für Physikalische Chemie, Stuttgart
Gastgeber: Prof. Dr. Joachim Maier

Prof. Dr. Yan Yu
Geboren 1979 in China, studierte Angewandte Chemie an der Anhui University, Hefei/China und promovierte 2007 im Fach Materialwissenschaften an der University of Science and Technology of China, Hefei. Zurzeit ist sie dort als Professorin tätig ist. Nach einem Forschungsaufenthalt an der Florida International University, Miami/USA, kam sie von 2008 bis 2011 mit einem Humboldt-Forschungsstipendium an das Max-Planck-Institut für Festkörperforschung in Stuttgart, wo sie jetzt auch Preisträgerin sein wird.