Nachgefragt

Können Social Media die Qualität der Forschung verbessern, Frau Shema?

Der Fall Fazlul Sarkar schlug hohe Wellen. 2014 nahm die University of Mississippi in den USA ein lukratives Stellenangebot an den Krebsforscher zurück. Der Grund: anonyme Betrugsvorwürfe auf der Internet-Plattform PubPeer, auf der Wissenschaftler bereits veröffentlichte Studien kommentieren können. Seither musste Sarkar 18 Artikel zurückziehen. „Das ist ein spektakuläres Beispiel für die Schlagkraft der sozialen Medien“, sagt die Informationswissenschaftlerin Hadas Shema.

  • vom 
  • Text: Kristina Vaillant
Saturn-ähnliches Dekortationsbild

Dr. Hadas Shema von der Bar-Ilan University in Ramat Gan, Israel, ist Humboldt-Forschungsstipendiatin am ZBW – Leibniz-Informationszentrum Wirtschaft in Kiel.

Hadas Shema

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Sarkar ist kein Einzelfall. Heute ziehen Fachzeitschriften Beiträge 15-mal häufiger zurück als noch vor zehn Jahren. Längst werden Alternativen zur Qualitätssicherung neben Traditionsverfahren wie dem Peer Review diskutiert. Hadas Shema ist auf die Rolle der sozialen Medien spezialisiert. Sie wertet aus, wie wissenschaftliche Beiträge im Internet kommentiert werden, von Blogs bis hin zu Netzwerken der Wissenschaftscommunity wie ResearchGate oder PubPeer. Sie hat festgestellt, dass Artikel, die hier diskutiert werden, besonders häufig korrigiert oder auch zurückgezogen werden. Überrascht ist sie nicht. „Dort können Tausende die Artikel lesen, die mit Sicherheit mehr Fehler entdecken als die drei oder vier Wissenschaftler, die beim traditionellen Peer Review einen Beitrag begutachten“, sagt Shema.

Das Potenzial der sozialen Medien werde jedoch noch nicht ausgeschöpft. Sie plädiert dafür, die Online-Kommentare als Teil der wissenschaftlichen Qualitätssicherung anzuerkennen. Denn wie beim Beispiel Sarkar finden sich erste Hinweise auf Mängel oft im Netz.

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