Anneliese Maier-Preisträger 2018

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Douglas Cairns

Auf den Spuren der Emotionen

Scham, Schuld, Ehre – Gefühle wie diese begleiten die Menschheit seit jeher. Douglas Cairns greift solche Themen aus Sicht eines Klassischen Philologen auf. Er gilt als international führender Experte für die Emotionsforschung, einem besonders innovativen und anspruchsvollen Feld seiner Disziplin. Dabei liegt der Fokus auf dem sprachlichen Umgang mit Emotionen in antiken Texten und nicht nur auf der semantischen Analyse. Douglas Cairns‘ Forschungen zu griechischen Dramen und griechischer Lyrik zeichnet aus, dass er auch Erkenntnisse anderer Disziplinen wie der Psychologie, Biologie oder der Verhaltensforschung einbezieht. Mit großem Erfolg: Bereits seine Dissertation zu Scham in der griechischen Kultur avancierte zum Standardwerk seines Fachs. Durch die Kooperation mit der Technischen Universität Dresden soll Cairns die historische Emotionsforschung, die bislang vor allem von der angelsächsischen Altertumswissenschaft betrieben wird, in Deutschland stärken.

Gastinstitut: Technische Universität Dresden, Institut für Klassische Philologie
Gastgeber: Prof. Dr. Dennis Pausch

Prof. Dr. Douglas Cairns

1961 in Schottland geboren, ist Professor für Klassische Philologie an der University of Edinburgh, Vereinigtes Königreich. Er wurde 1987 an der University of Glasgow in Griechischer Philologie promoviert. Anschließend lehrte und forschte er an vielen internationalen Universitäten, darunter die University of Otago, Neuseeland, die University of St Andrews und die University of Glasgow, beide Schottland, und die University of Leeds, England, bevor er 2004 zum Professor of Classics der University of Edinburgh berufen wurde. Douglas Cairns erhielt zahlreiche wissenschaftliche Auszeichnungen, darunter das Humboldt-Forschungsstipendium und ein Stipendium des Leverhulme Trust. Cairns ist unter anderem Vizepräsident bei The Classical Association und Vorsitzender im Classical Association Journals Board.

José Maurício Domingues

Brückenschlag zwischen den Kontinenten

Das Werk des brasilianischen Soziologen José Maurício Domingues ist durch eine konsequente Theorieorientierung charakterisiert. Er entwickelt eine globale soziologische Theorie und gilt als einer der Wenigen, denen es gelingt, theoretische Debatten, die in Lateinamerika sowie im englischen, französischen und auch im deutschen Sprachraum geführt werden, miteinander zu verbinden. Damit wurde er zu einem der wichtigsten zeitgenössischen Theoretiker, die die globale Moderne aus einer zivilisationsvergleichenden Perspektive untersuchen. Besonders beeindruckend ist die Reichweite seiner empirischen Bezüge: Die meisten Theoretiker der Moderne gewannen ihre Einsichten aus dem jeweiligen engen nationalen und nationalsprachigen Kontext. Domingues hingegen arbeitete sich nach seiner Auseinandersetzung mit der Entwicklung der Moderne in Europa, Lateinamerika und Nordamerika auch in die Literatur zu Indien, China und Israel ein, wo er Forschungsaufenthalte verbrachte. Zentrales Ziel der Kooperation mit dem Hamburger Institut für Sozialforschung sowie dem Lateinamerika‐Institut der Freien Universität Berlin ist die Analyse der politischen Moderne aus einer historischen und vergleichenden Perspektive. Dabei liegt ein besonderes Augenmerk darauf, auch machttheoretische Trends und Prozesse dieser Entwicklungen zu identifizieren.

Gastinstitut: Hamburger Institut für Sozialforschung mit Unterstützung des Lateinamerika-Instituts der Freien Universität Berlin
Gastgeber: Prof. Dr. Wolfgang Knöbl

Prof. Dr. José Maurício Domingues

1960 in Brasilien geboren, ist Professor an der Rio de Janeiro State University in Brasilien, an der er seit 2010 forscht. Domingues wurde 1989 an der London School of Economics and Political Science im Vereinigten Königreich promoviert und wechselte 1994 zunächst als Postdoktorand zurück nach Brasilien. Dort war er von 1997 bis 2000 Professor an der Rio de Janeiro Federal University und wechselte anschließend an das Rio de Janeiro University Research Institute, das er von 2005 bis 2007 zudem als Geschäftsführer leitete. 2010 verbrachte er einen Aufenthalt als Gastforscher an der University of Cambridge, Vereinigtes Königreich, weitere Forschungsaufenthalte führten ihn nach China, Indien und Israel. José Maurício Domingues gehört den Herausgebergremien diverser internationaler und lateinamerikanischer Zeitschriften an.

Pascal Mamassian

Der Wahrnehmung auf der Spur

Nicht alles, was unsere Sinnesorgane erfassen, erkennen wir auch mental. Unsere Wahrnehmung filtert, welche Informationen tatsächlich zu uns durchdringen. Der französische Psychologe Pascal Mamassian zählt zu den international führenden Experten für solche Mechanismen, insbesondere für die visuelle Wahrnehmung. Seine Arbeiten zur Bedeutung von Lichtrichtung und Schattenwurf für die räumliche Wahrnehmung erlangten hohe Aufmerksamkeit. Aktuell forscht er zudem zu multimodaler Wahrnehmung und der Wahrnehmung von Dreidimensionalität. Mamassians Arbeiten zeichnet aus, dass er sich mit komplexen Szenarien befasst, wie sie in natürlichen Szenen tatsächlich vorkommen. Als versiertem Mathematiker gelingt es ihm zudem, Wahrnehmungsprozesse auch quantitativ zu modellieren. Mamassians Kooperation mit der Universität Gießen soll zum internationalen Standing der hiesigen Wahrnehmungspsychologie beitragen. In Gießen wird er die experimentelle Forschung stärken und um seine Expertise in Computermodellierung erweitern.

Gastinstitut: Justus-Liebig-Universität Gießen, Abteilung Allgemeine Psychologie
Gastgeber: Prof. Dr. Karl R. Gegenfurtner

Dr. Pascal Mamassian

wurde 1965 in Frankreich geboren. Er ist seit 2014 CNRS Research Director am Laboratoire des Systèmes Perceptifs der École Normale Supérieure in Paris. Mamassian wurde 1993 in den USA an der University of Minnesota promoviert. Nach Stationen am Max-Planck-Institut für biologische Kybernetik in Tübingen, an der New York University, USA, und der University of Glasgow in Schottland wechselte er 2004 zunächst als Research Scientist ans Centre national de la recherche scientifique (CNRS). Daneben war er Präsident der Vision Sciences Society und ist Mitherausgeber von Fachzeitschriften wie Psychological Science oder Journal of Vision.

Alan Mikhail

Wie die Natur Geschichte schreibt

Alan Mikhail hat sich in der Nahostgeschichte schon früh den Ruf eines Pioniers erarbeitet. Er verbindet die Forschung zur Geschichte des Nahen Ostens mit der Umweltgeschichte und erschließt so gänzlich neue Forschungsfelder. So beschreibt er beispielsweise den Einfluss, den der Umgang mit der Natur und natürlichen Ressourcen wie Wasser oder Holz in Ägypten auf die osmanische Vorherrschaft zwischen dem 16. und 19. Jahrhundert hatte. Als wichtiger Impuls gelten auch Mikhails jüngste Studien zu dieser Epoche in der Geschichte Ägyptens. Darin befasst er sich unter anderem mit dem Ausbruch der isländischen Laki-Krater 1783/84, der bislang vor allem im Hinblick auf die Auswirkungen auf Klima und Wirtschaft in Europa untersucht wurde. Mikhail beschreibt auch die Verbindungen zwischen dem Vulkanausbruch in Island und Dürren und Hungersnöten im Nahen Osten. Als Anneliese Maier-Forschungspreisträger soll Mikhail der Forschung zu Umwelt- und Osmanischer Geschichte in Deutschland Aufschwung verleihen und zugleich die internationale Sichtbarkeit der hiesigen Forschung stärken.

Gastinstitut: Otto-Friedrich-Universität Bamberg, Lehrstuhl für Neuere Geschichte unter Einbeziehung der Landesgeschichte (ab Oktober 2019: Friedrich-Meinecke-Institut, FU Berlin)
Gastgeber: PD Dr. Cornel Zwierlein

Prof. Dr. Alan Mikhail

1979 in den USA geboren, ist seit 2013 Professor an der Yale University in New Haven, USA. Er wurde 2008 an der University of California promoviert und forschte anschließend als Stipendiat der Andrew W. Mellon Foundation an der Standford University. 2010 wechselte er nach Yale, wo er zunächst Assistant Professor war. Alan Mikhail erhielt zahlreiche Auszeichnungen, unter anderem von der American Society for Environmental History, der Middle East Studies Association und der Agricultural History Society.

Ingrid Piller

Die Chancen der Mehrsprachigkeit

Die Soziolinguistin Ingrid Piller ist auf Themen spezialisiert, die in heutigen Gesellschaften zunehmend relevant werden: Interkulturelle Kommunikation und Mehrsprachigkeit. Pillers Fokus liegt auf den sozialen Konsequenzen linguistischer Diversität. Welche Chancen birgt Mehrsprachigkeit für die gesellschaftliche Teilhabe? Und wie wirken sich Sprachdefizite auf die kulturelle, ökonomische und politische Beteiligung von Migranten aus? Solche Fragen greift die in Australien lebende deutsche Sprachwissenschaftlerin auch außerhalb des strikt akademischen Raums auf: 2009 gründete Ingrid Piller den Internet-Blog www.languageonthemove.com, der sich mit Mehrsprachigkeit im Kontext von Globalisierung und Migration beschäftigt und bereits mehrfach ausgezeichnet wurde. An der Universität Hamburg wird sie die Forschungen zu Mehrsprachigkeit, Spracherwerb und Spracherziehung mit ihrer internationalen Expertise erweitern und die vergleichende Forschung zwischen Australien und Deutschland ausbauen.

Gastinstitut: Universität Hamburg, Fachbereich Allgemeine, Interkulturelle und International Vergleichende Erziehungswissenschaft
Gastgeberin: Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Ingrid Gogolin

Prof. Dr. Ingrid Piller

1967 in Deutschland geboren, ist Professorin für Angewandte Linguistik an der Macquarie University in Sydney, Australien. Sie wurde 1995 an der Technischen Universität Dresden promoviert. Anschließend forschte sie am Ithaca College in den USA, an der Universität Hamburg, der Sydney University und der Universität Basel in der Schweiz bevor sie 2007 an die Macquarie University wechselte. Ingrid Piller ist unter anderem Chefredakteurin der internationalen Fachzeitschrift Multilingua und Herausgeberin des Wissenschafts-Blogs www.languageonthemove.com.

Annelise Riles

Grenzgängerin zwischen Rechtswissenschaft und Ethnologie

Mit dem Blick einer Ethnologin untersucht Annelise Riles die Beziehungen zwischen internationalem Privatrecht, der Regulierung von Finanzmärkten und Zentralbankenwesen. Riles, die zugleich Juristin und Ethnologin ist, setzt diese Themen stets auch in Bezug zu kultureller Diversität, Menschen- und Frauenrechten. Ihre Studien liefern neue Einblicke, da sie ethnographische Methoden wie Feldforschung, Langzeitbeobachtungen und Interviews anwendet. In einer Studie zu globalen Finanzmärkten etwa flossen zehn Jahre Feldforschung in privaten und öffentlichen Institutionen und Unternehmen Japans ein. Auch zum Thema Cybersicherheit untersucht Annelise Riles verschiedenste Ebenen, vom Hacker über den Verteidigungsexperten bis hin zum einfachen Nutzer. Hierbei befasst sie sich außerdem mit den Beziehungen zwischen Experten und Nicht-Experten und den Auswirkungen auf den aktuellen gesellschaftlichen Dialog in Demokratien. Diesem Thema hat sich Riles auch über die Forschung hinaus zugewandt: Ihr 2012 gegründetes Online-Netzwerk Meridian 180 bringt Akteure aus Wissenschaft, Wirtschaft, Politik und NGOs aus fast 30 Ländern zu sozio- und rechtspolitischen Themen zusammen. Als Anneliese Maier-Forschungspreisträgerin soll Riles die Rechtsanthropologie stärken, die in Deutschland ein noch recht junges Gebiet ist.

Gastinstitut: Max-Planck-Institut für ethnologische Forschung, Halle (Saale), Abteilung ‚Recht & Ethnologie'
Gastgeberin: Prof. Dr. Marie-Claire Foblets

Prof. Dr. Annelise Riles

wurde 1966 in den USA geboren. Sie ist Executive Director des Roberta Buffett Institute for Global Studies an der Northwestern University, Evanston, USA. Hier nimmt sie außerdem die Position des Associate Provost for Global Affairs wahr und ist Professorin für Recht und Anthropologie. Riles wurde 1996 an der University of Cambridge, Vereinigtes Königreich, promoviert. Anschließend forschte sie in den USA in Chicago an der American Bar Foundation sowie der School of Law an der Northwestern University. Sie war zudem Gastprofessorin an der Yale Law School. Annelise Riles erhielt zahlreiche Förderungen und Auszeichnungen. Sie gehört verschiedenen wissenschaftlichen Organisationen wie der International Academy of Comparative Law an und ist im Redaktionsbeirat von Fachzeitschriften wie dem American Journal of International Law.

Sylvia Walby

Soziale Ungleichheit und Geschlecht

Die britische Soziologin Sylvia Walby prägt die öffentliche Debatte um Gender und Geschlecht seit gut 25 Jahren – sie zählt zu den international führenden Persönlichkeiten zum Thema. Walby befasst sich mit sozialen Ungleichheitsverhältnissen in Gegenwartsgesellschaften, insbesondere in Bezug auf Gender und Geschlecht. In ihren Forschungen untersucht sie aktuelle Phänomene wie die Auswirkungen der Finanzkrise oder der Globalisierung, Themen wie Gewalt und Menschenhandel. Sylvia Walby wirkt dabei weit über den Bereich der Gender Studies hinaus in die Sozial- und Gesellschaftswissenschaften insgesamt hinein. Und auch im politischen und öffentlichen Raum ist sie als Expertin gefragt, wie etwa als Sachverständige für die EU-Kommission, für britische Regierungsagenturen, das EU-Parlament oder die UN-Frauenkommission. Mit dem Anneliese Maier-Forschungspreis wird sie als Kooperationspartnerin der Universität Duisburg-Essen zur weiteren Internationalisierung der hiesigen sozialwissenschaftlichen Geschlechterforschung beitragen. Zudem sind gemeinsame Projekte beispielsweise zur Erforschung von Zwangsprostitution und Menschenhandel vorgesehen.

Gastinstitut: Universität Duisburg-Essen, Institut für Soziologie und Essener Kolleg für Geschlechterforschung
Gastgeberin: Prof. Dr. Karen Shire

Prof. Dr. Sylvia Walby

wurde 1953 im Vereinigten Königreich geboren. Sie ist Distinguished Professor für Soziologie an der britischen Lancaster University, wo sie den einzigen UNESCO-Lehrstuhl für Gender Research innehat und Direktorin des Violence and Society UNESCO Centre ist (Stand: September 2018; seit März 2019 ist sie Professorin und Direktorin des Violence and Society Centre an der City, University of London). Walby wurde 1977 an der University of Essex promoviert. Es folgten Stationen in Lancaster, London, Bristol und Leeds, bevor sie 2005 erneut nach Lancaster wechselte. 2008 forschte Walby als Gastprofessorin in Aalborg, Dänemark. Walby ist unter anderem Mitglied der National Academy of Sciences und der Royal Society for the Arts im Vereinigten Königreich. Daneben war Sylvia Walby die erste Präsidentin der European Sociological Association.

Wang Hui

Die globalen Verflechtungen des modernen China

Wang Hui zählt zu den einflussreichsten Intellektuellen Chinas und gilt als einer der wichtigsten Experten für die chinesische Geistesgeschichte. Er betrachtet die Geschichte Chinas nicht insular, wie es sonst weit verbreitet ist, sondern im weiteren asiatischen und globalen Zusammenhang. Wang Hui vertritt die These, dass die Moderne in China weder hinreichend mit  westlichen Begrifflichkeiten noch aus der Sicht eines chinesischen Kulturalismus verstanden werden kann. Wang Hui, der zeitweise Mitherausgeber der einflussreichen chinesischen Zeitschrift Dushu war, prägt nicht nur die gesellschaftspolitische Diskussion innerhalb Chinas. Auch international werden seine Arbeiten außergewöhnlich stark wahrgenommen, 2008 etwa zählte ihn das Magazin Foreign Policy zu den 100 einflussreichsten Public Intellectuals weltweit. Von einer Kooperation zwischen Wang Hui und der Universität Göttingen werden nicht nur Impulse für die Sinologie in Deutschland erwartet. Sie soll zudem die hiesige Forschung zu Themen wie der Globalisierung oder dem Aufstieg Chinas insgesamt um eine chinesische Perspektive erweitern.

Gastinstitut: Georg-August-Universität Göttingen, Ostasiatisches Seminar
Gastgeber: Prof. Dr. Dominic Sachsenmaier

Prof. Dr. Wang Hui

1959 in der Volksrepublik China geboren, ist dort Professor an der Tsinghua University sowie Direktor des Institute for Advanced Studies in Humanities and Social Sciences. Wang Hui wurde 1988 an der Chinese Academy of Social Sciences in Beijing promoviert. Es folgten Gastprofessuren in den USA, unter anderem in Stanford und Harvard, in Deutschland, Japan und Taiwan. Wang Hui erhielt zahlreiche internationale Auszeichnungen. 2001 war er etwa Senior Fellow am Wissenschaftskolleg Berlin. 2013 erhielt er den Luca Pacioli-Preis gemeinsam mit dem deutschen Soziologen Jürgen Habermas.