Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft schwindet nie

Der Tiermediziner Mahmod Muhsen konnte seine Forschung an der Uni Leipzig fortführen. Wegen des Kriegs hatte er nicht nach Syrien zurückkehren können.

Mahmod Muhsen steht hinter der Glasfassade eines modernen Gebäudes und blickt in die Kamera..
Saturn-ähnliches Dekortationsbild

Philipp Schwartz-Initiative

Die Philipp Schwartz-Initiative ermöglicht seit 2016 deutschen Universitäten und Forschungseinrichtungen, ausländische Wissenschaftler*innen, denen in ihren Heimatländern Krieg oder Verfolgung drohen, für zwei Jahre bei sich aufzunehmen.

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Ich komme aus Hama, einer bezaubernden Stadt am Fluss Orontes mitten in Syrien zwischen Damaskus und Aleppo, wo ich als Kind und Erwachsener einen Großteil meines Lebens verbrachte. Meine Leidenschaft für die Wissenschaft begann schon früh. Daher arbeitete ich unmittelbar nach meinem Abschluss an der veterinärmedizinischen Fakultät der Al-Baath-Universität in Hama im Zentrallabor für Forschung und Krankheitsdiagnostik. Ich war dort unter anderem an syrisch-japanischen Kooperationsprojekten zur Untersuchung und Überwachung infektiöser Tierkrankheiten in Syrien beteiligt. Zeitgleich habe ich mein Aufbaustudium in Veterinärmedizin fortgesetzt. Später erhielt ich ein Stipendium für eine Promotion an der Nippon Veterinary and Life Science University in Tokio. Nach Abschluss meiner Promotion in Virologie arbeitete ich als Postdoc am Nationalen Institut für Infektionskrankheiten der japanischen Hauptstadt. Ich wollte immer gerne nach Syrien zurückkehren – nicht zuletzt, um meine Erfahrung und mein Wissen mit Nachwuchskolleg*innen zu teilen. Leider war das wegen des katastrophalen Krieges, der das Land auseinanderriss, nicht möglich. Meine jüngsten Erinnerungen an Syrien gehen auf das Jahr 2009 zurück. Nichts kann die Heimat ersetzen, aber man braucht eine Perspektive für die Zukunft.

Nichts kann die Heimat ersetzen, aber man braucht eine Perspektive für die Zukunft.
Mahmod Muhsen

Nach Abwägen verschiedener Möglichkeiten konnte ich mir keinen besseren neuen Wohnort vorstellen als Deutschland. Das Land hat einen guten Ruf in Bezug auf Gastfreundschaft, Toleranz und Gleichberechtigung. Zum Glück gelang es meiner Frau, meinem Sohn und mir 2013, ein Visum zu erlangen. Ich war zuversichtlich, dass uns hier ein Neustart und die Integration in die Gesellschaft gelingen würden.

Saturn-ähnliches Dekortationsbild

Dr. Mahmod Muhsen

Herkunftsland:
Syrien

Fachgebiet:
Tiermedizin

Gastegbende Einrichtung:
Universität Leipzig

Förderzeitraum Philipp Schwartz-Initiative:
07/2016 – 06/2019

Mahmod Muhsen steht allein vor der Glasfassade in einem modernen Gebäude.

Deutschland kannte ich von früheren kurzen Studienbesuchen, außerdem hatte ich eine familiäre Verbindung durch meinen Großvater, der 40 Jahre lang in Hamburg gelebt hat. Wie überall war der Start keine leichte Aufgabe, aber ich bin sicher: Entschlossenheit und Ehrgeiz sind die Schlüssel zum Erfolg. Meine ersten Bewerbungen um eine Stelle, ein Stipendium oder sogar ein Praktikum an einer veterinärmedizinischen Fakultät schlugen fehl. Doch dann erhielt ich eine positive Rückmeldung von Professor Gottfried Alber, dem Leiter des Instituts für Immunologie an der Universität Leipzig. Professor Alber war nicht nur bereit, mich in seinem Institut aufzunehmen, er versprach mir auch, dabei zu helfen, eine geeignete Stelle zu finden. Als ich das Stipendium der Philipp Schwartz-Initiative erhielt, wusste ich, dass eine neue Reise, eine neue Etappe in meinem Leben beginnt. Die Förderung bot mir die Möglichkeit, weiterhin an der Universität zu arbeiten, meine Kenntnisse in der Fachsprache zu verbessern und alle für die Zulassung zur Veterinärmedizin erforderlichen Prüfungen abzulegen und mich in Immunologie zu spezialisieren. Heute arbeite ich als Tierarzt und stellvertretender Laborleiter in einem großen Diagnostik-Labor in Leipzig.

Manche denken vielleicht, es sei schwierig, vier völlig unabhängige Sprachen zu sprechen – Arabisch, Englisch, Deutsch und Japanisch. Die Forschungssprache ist natürlich in erster Linie Englisch, aber ich lerne gerne die Sprache eines Landes, in dem ich lebe. Als Vater von drei Kindern im Alter von acht, sechs und zwei Jahren gelingt mir auch über sie und ihre deutschen Freund*innen der Einstieg in einen neuen Alltag und in eine neue Kultur – etwas, das Erwachsenen, die aus anderen Teilen der Welt stammen, sonst vielleicht nicht so einfach möglich ist. Ich bin froh, mir ein Leben in Deutschland aufbauen zu können. Die Hoffnung auf eine bessere Zukunft – sie verschwindet nie.

Protokoll: Carola Hoffmeister