Pressemitteilung

Was eine zukunftsfähige Wissenschaft braucht

Stimmen aus dem Netzwerk: Was internationale Forschende der neuen Bundesregierung empfehlen.

  • vom
  • Nr. 5/2025
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Die Humboldt-Stiftung hat sich bei Forschenden weltweit und in Deutschland umgehört: Was wünschen sie sich von der neuen Bundesregierung für Forschung und vertrauensvollen wissenschaftlichen Austausch in Deutschland? Welche Potenziale sehen sie? Und was sollte angepackt werden?

Verlässliche Förderbedingungen, Stärkung von Wissenschaftsfreiheit, mehr Austausch von Technologie und Forschung und langfristige Perspektiven für Forschungspartnerschaften, auch zwischen dem Globalen Süden und Norden: Dies sind einige der Themen, bei denen internationale Geförderte aus dem Netzwerk der Humboldt-Stiftung Handlungsbedarfe für die künftige Bundesregierung sehen.

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Positionspapier zur neuen Legislaturperiode

Ihre eigenen Schwerpunkte für eine Spitzenforschung im internationalen Austausch hat die Humboldt-Stiftung in einem Positionspapier zur neuen Legislaturperiode zusammengefasst: die Stärkung internationaler Wissenschaftskooperationen, den Aufbau langfristiger (Forschungs-)Partnerschaften, den Schutz von Wissenschaftsfreiheit und gefährdeten Forschenden sowie den Ausbau von Innovationskraft, Wissenschaftskommunikation und Dialog.

Matthias Tschöp: Optimale Bedingungen bieten

„Die Welt steht vor gewaltigen Herausforderungen, für deren Bewältigung es eine international vernetzte Wissenschaft braucht. Wissenschaftsfreiheit, eine wertschätzende Willkommenskultur für internationale Forschende und unterstützende politische Rahmenbedingungen sind entscheidende Faktoren, um innovative Spitzenforschung zu ermöglichen. Für die neue Bundesregierung muss daher gelten: Wir werden als Wissenschaftsstandort im internationalen Wettbewerb nur bestehen, wenn wir die herausragendsten Forschenden gewinnen und ihnen optimale Bedingungen für ihre Wissenschaft bieten. Hier könnte ich mir gut eine Erweiterung der Alexander von Humboldt-Professuren vorstellen.“

Grafik mit einem Potrait eines Mannes und dem Text: Im internationalen Wettbewerb sind Wissenschaftsfreiheit, Willkommenskultur & unterstützende politische Rahmenbedingungen entscheidend für Spitzenforschung. Matthias Tschöp, CEO Helmholtz Zentrum München

Matthias H. Tschöp ist derzeit wissenschaftlicher Geschäftsführer des Helmholtz Zentrums München und ab Oktober Präsident der Ludwig-Maximilians-Universität München. 2011 kam der Mediziner mit einer Humboldt-Professur aus den USA nach Deutschland zurück. 

Christa Rautenbach: Grundlage globaler Verständigung

„In der heutigen geopolitisch instabilen Welt ist die Förderung der internationalen akademischen Zusammenarbeit wichtiger denn je. Diese Kooperationen bilden die Grundlage für den wissenschaftlichen Fortschritt und die globale Verständigung. Die unschätzbaren Beiträge, die internationale Partnerschaften für die deutsche und globale Wissenschaft leisten, müssen anerkannt und bewahrt werden.“

Grafik mit Portrait und Text: Besonders in geopolitisch instabilen Zeiten gilt: Internationale akademische Kooperationen sind essenziell für wissenschaftlichen Fortschritt und globale Verständigung.

Christa Rautenbach ist Jura-Professorin an der südafrikanischen North-West University. Sie forschte unter anderem als Georg Forster-Forschungsstipendiatin in Deutschland und war Humboldt-Vertrauenswissenschaftlerin in Südafrika. 

Brian McGill: Verlässlichkeit in ungewissen Zeiten

„Meine produktivsten Wissenschaftskooperationen waren international, die Vielfalt der Perspektiven war entscheidend. Sie dauerten über ein Jahrzehnt und wären ohne verlässliche Finanzierung nicht möglich gewesen. In den USA ist ungewiss, ob Forschung zu Klimawandel, Biodiversität oder Impfstoffen weiter gefördert wird – und ob wissenschaftliche Erkenntnisse überhaupt Anerkennung finden. Deshalb müssen Deutschland und ganz Europa Wissenschaftsfreiheit, grenzüberschreitende Zusammenarbeit und stabile Forschungsfinanzierung stärken, unabhängig von politischen Launen.“

Grafik mit Portrait und Text: Ob Klimaforschung in den USA weiter gefördert wird, ist ungewiss. Es ist essenziell, dass Deutschland und Europa Wissenschaftsfreiheit und stabile Finanzierung stärken – unabhängig von politischen Launen.  Brian McGill, Makroökologe aus den USA

Brian McGill ist ein international ausgewiesener Makroökologe an der University of Maine, USA, und Humboldt-Forschungspreisträger. Er erforscht die Folgen des vom Menschen verursachten Klimawandels auf die biologische Vielfalt.

Anan Alsheikh Haidar: Mehr als eine humanitäre Geste

„Als gefährdete Forscherin hatte ich das Privileg, ein Philipp Schwartz-Stipendium der Humboldt-Stiftung zu erhalten. Jetzt, nach dem Sturz des Assad-Regimes, bin ich unglaublich dankbar, dass ich einen Beitrag für mein Heimatland Syrien leisten kann, das jede Hilfe für den Wiederaufbau braucht. Die Unterstützung gefährdeter Forschender ist nicht nur eine humanitäre Geste, sondern auch eine Investition in die Zukunft der Wissenschaft. Allerdings stellen die ungewisse Finanzierung und die langfristige Stabilität der Karriere nach wie vor große Hürden dar.  
Deutschland hat dabei bereits den Weg gewiesen. Ich hoffe, dass die neue Regierung ihren Schutz verstärken wird, um die Wissenschaftsfreiheit zu gewährleisten und die globale wissenschaftliche Zusammenarbeit zu fördern.“

Grafik mit Portrait und Text: Die Unterstützung von gefährdeten Forschenden ist nicht nur eine humanitäre Geste, sondern auch eine Investition in die Zukunft der Wissenschaft.  Anan Alsheikh Haidar, Juristin aus Syrien

Anan Alsheikh Haidar kommt aus Syrien und war Philipp Schwartz-Stipendiatin am Institute for International Peace and Security Law der Universität Köln. Dort ist sie heute als Research Fellow tätig.

Christoph Markschies: Chancen, die alle verdienen

„Schon als Student hatte ich das Vergnügen, als Hilfskraft bei einem Professor in Tübingen zu arbeiten, der praktisch am laufenden Band großartige Wissenschaftler (und auch damals schon: Wissenschaftlerinnen) aus aller Herren Länder in unser beschauliches kleines schwäbisches Universitätsstädtchen holte. Das weitete den Horizont, brachte frischen Wind in klassische Forschungsdiskussionen und ermöglichte uns jungen Forschenden, selbst ins Ausland zu gehen an die exzellentesten Orte. Ich wäre weder wissenschaftlich noch menschlich das, was ich (hoffentlich) bin, ohne die Humboldt-Stipendiatinnen und -Stipendiaten meiner Studienzeit und die transnationalen Verbindungen. Solche Chancen, wie ich sie einst hatte, verdienen alle. Hierzulande und im Ausland. Ohne Frage! Ohne Abstriche!“

Grafik mit Portrait und dem Text: Ohne die transnationalen Kontakte aus meiner Studienzeit wäre ich weder wissenschaftlich noch menschlich das, was ich bin. Chancen, wie ich sie einst hatte, verdienen alle! Christoph Markschies, Präsident der BBAW

Christoph Markschies ist Präsident der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften und Professor für Antikes Christentum an der Humboldt-Universität zu Berlin. Der Stiftung ist er als wissenschaftlicher Gastgeber verbunden. 

Oluwatoyin A. Odeku: Mehr Mobilität für faire Forschungspartnerschaften

„Die neue deutsche Regierung hat die Chance, die Zukunft der internationalen Forschungszusammenarbeit zu gestalten, indem sie die Mittel aufstockt und die Mobilität durch eine flexible Visapolitik vereinfacht. Ein effizienteres, schlankeres, forscherfreundliches Visa- und Aufenthaltssystem, insbesondere für Wissenschaftler*innen aus dem Globalen Süden, wird Deutschlands Attraktivität für globale Talente steigern. Dies wird langfristige Forschungsbeziehungen auf der ganzen Welt erleichtern, den wissenschaftlichen Austausch stärken und sicherstellen, dass Deutschland bei fairen Forschungspartnerschaften weltweit führend bleibt.“

Grafik mit Portrait und Text: Ein effizienteres Aufenthaltssystem erhöht Deutschlands Attraktivität für globale Wissenschaftstalente – und sichert Deutschlands weltweite Führungsrolle bei fairen Forschungspartnerschaften. Oluwatoyin A. Odeku, Pharmazeutin aus Nigeria

Oluwatoyin A. Odeku ist Professorin für Pharmazie an der Universität von Ibadan, Humboldt-Vertrauenswissenschaftlerin in Nigeria und Mitglied des International Advisory Board der Humboldt-Stiftung.

Daniel Rückert: Flexibel reagieren auf Entwicklungen wie in den USA

„Wissenschaftsfreiheit ist selbst in Ländern wie den USA nicht mehr selbstverständlich, wie wir dieser Tage erleben. Deutschland kann hier eine Führungsrolle übernehmen, um internationale Kollaborationen und den wissenschaftlichen Austausch aufrechtzuerhalten. Dies ist besonders wichtig um die großen wissenschaftlichen Themen wie Energie, KI, Klima und Gesundheit zu bearbeiten. Programme wie die der Humboldt-Stiftung, etwa die Alexander von Humboldt-Professur bieten eine herausragende und attraktive Möglichkeit, um den Forschungsstandort Deutschland und dessen Innovationskraft zu stärken. Um schnell und flexibel zu reagieren, könnte man diese weiter ausbauen."

Grafik mit Portrait eines Mannes und dem Text: Wissenschaftsfreiheit ist selbst in den USA nicht mehr selbstverständlich. Deutschland kann jetzt eine Führungsrolle übernehmen, um internationale Kollaborationen & Austausch aufrechtzuerhalten. Daniel Rückert, Humboldt-Professor für KI

Der Informatiker Daniel Rückert ist Alexander von Humboldt-Professor für KI an der Technischen Universität München (TUM). Seine Forschung konzentriert sich auf die Entwicklung von KI-Methoden zur Verbesserung medizinischer Bildgebungsverfahren.

Martina Havenith: Wir gewinnen Botschafter in aller Welt

„Wissenschaft und Forschung sind ohne einen freien Informationsaustausch über Grenzen hinweg undenkbar. Forschung in Deutschland ist international: Als Gastgebende von Wissenschaftlern aus aller Welt erhalten wir direkten Zugang zu deren Wissen und Erfahrungen. Unsere Forschung profitiert vom hochqualifizierten wissenschaftlichen Nachwuchs, der aus dem Ausland zu uns kommt. Durch den Aufbau dieser persönlichen Netzwerke haben wir Botschafter in aller Welt und öffnen unserem Nachwuchs den Zugang zur Weltspitze. Wir benötigen gerade jetzt die Unterstützung der deutschen Regierung, um diesen Austausch auch zukünftig zu garantieren.“

Grafik mit Portrait und Text: Als Gastgebende von internationalen Forschenden profitieren wir von deren Wissen und Erfahrungen. Wir gewinnen Botschafter in aller Welt – und öffnen unserem Nachwuchs den Zugang zur Weltspitze. Martina Havenith, Chemikerin, Uni Bochum

Martina Havenith ist Professorin für Physikalische Chemie an der Ruhr-Universität Bochum und wissenschaftliche Gastgeberin der Stiftung. Seit 2022 ist sie Scout im Henriette Herz-Scouting-Programm.

Amrita Gandikota: Austausch von Technologie und Forschung für Startups

„Spitzeninnovationen etwa bei Klimaschutz, Gesundheitswesen oder Impact & Deep-Tech gilt es früh zu identifizieren und zu fördern. Deutschland braucht Plattformen, die globale Gründer*innen zu grenzüberschreitendem, gleichberechtigtem Austausch von Technologie und Forschung einladen. Solche Plattformen müssen offen, agil und digital sein, um Bürokratie, Kosten und Zeit zu reduzieren. Sinnvoll wäre auch, Visa für globale Investor*innen und Gründer*innen einzuführen, wie es viele andere Top-Startup-Hubs tun.“

Grafik mit Portrait und Text: Spitzeninnovationen in Klimaschutz oder Deep Tech brauchen frühe Förderung – mit Plattformen, die globale Gründer*innen zu gleichberechtigtem Austausch von Technologie und Forschung einladen. Amrita Gandikota, Startup Advisor aus Indien

Amrita Gandikota ist Startup Advisor bei der Humboldt Innovation GmbH der Humboldt-Universität zu Berlin. Die ehemalige Bundeskanzler-Stipendiatin ist selbst Gründerin und engagiert sich etwa beim Bangalore Indo-German Startup Network und dem German Indian Startup Exchange Program (GINSEP). 

Kateřina Čapková: Gesellschaftlicher Impact garantiert

“Transnationale Zusammenarbeit ist ein Schlüssel zum Erfolg von Wissenschaft. Selbst die Geisteswissenschaften wenden sich zunehmend der multidisziplinären und internationalen Forschung zu. Solche Projekte sind eine Bereicherung für alle Beteiligten und sie garantieren einen viel größeren gesellschaftlichen Impact der Ergebnisse, in meinem Fall auf die Bildung. In meiner Laufbahn hat die Humboldt-Stiftung eine Schlüsselrolle beim Knüpfen von Kontakten nach Deutschland gespielt. Die künftige Bundesregierung sollte die Förderung der transnationalen wissenschaftlichen Zusammenarbeit zu einer Priorität machen.“

Portrait mit Text: Transnationale Zusammenarbeit ist ein Schlüssel zum Erfolg in der Wissenschaft. Sie bereichert alle Beteiligten und garantiert einen großen gesellschaftlichen Impact der Ergebnisse. Kateřina Čapková, Historikerin  aus Tschechien

Kateřina Čapková ist Historikerin an der Karls-Universität Prag in Tschechien und Expertin unter anderem für die moderne jüdische Geschichte in Mittel- und Osteuropa. 2024 wurde sie mit dem Reimar Lüst-Preis der Humboldt-Stiftung ausgezeichnet.

Nonhlelo Mathunjwa: Starke globale Partnerschaft braucht langfristige Kooperation

„Als Humboldt-Stipendiatin bei Hitachi Energy habe ich erlebt, wie echte Zusammenarbeit Innovationen vorantreibt. Die Arbeit in einem neuen Umfeld hat mir gezeigt, wie wertvoll es ist, verschiedene Perspektiven zusammenzubringen, um die Herausforderungen im Energiebereich zu bewältigen. Ich habe mit Expert*innen aus dem globalen Norden und Süden zusammengearbeitet und Forschung für stabilere und nachhaltigere Energienetze betrieben. Um globale Partnerschaften zu stärken, ist es unerlässlich, langfristige Forschungskooperationen zu unterstützen und den Zugang zu akademischem Austausch zu gewährleisten.“

Portrait mit Text: Ich habe gesehen, wie echte Zusammenarbeit Innovationen im Energiebereich vorantreibt. Um globale Partnerschaften zu stärken, sind langfristige Forschungskooperationen unerlässlich. Nonhlelo Mathunjwa,  Klimaschutzstipendiatin aus Eswatani

Nonhlelo Mathunjwa aus Eswatani ist derzeit Internationale Klimaschutzstipendiatin bei Hitachi Energy, einem Unternehmen für nachhaltige Energieversorgung in Mannheim. Ihr Fachgebiet ist Elektrische Energieerzeugung.

Jährlich ermöglicht die Alexander von Humboldt-Stiftung über 2.000 Forscher*innen aus aller Welt einen wissenschaftlichen Aufenthalt in Deutschland. In weltweit über 140 Ländern pflegt die Stiftung ein fächerübergreifendes Netzwerk von mehr als 30.000 Humboldtianer*innen – unter ihnen 61 mit Nobelpreis.

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