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Warum so kleine Portionen?
Cheng Yu, China

Es ist Mittagspause. An einem Tisch sitzen vier junge Geschäftsleute und teilen sich ein Sandwich. In Hongkong, wo ich herkomme, habe ich so etwas noch nie gesehen, in Berlin ist es nichts Besonderes. Warum nur essen die Deutschen derart winzige Portionen zu Mittag? Verstehen sie denn nichts von Genuss? Fürchten sie das verdauungsbedingte Tief am Nachmittag? Ich kenne es gut: Es kommt nach einem ausgiebigen Essen gegen 15 Uhr und macht einen ganz schläfrig. In Berlin passiert mir das nicht, da schaue ich höchstens sehnsüchtig in die vielen Restaurants mit Speisen aus aller Herren Länder. Oder in meine Lieblingskühlvitrine im Supermarkt: Da liegen die besten Würste der Welt. Viele junge Deutsche interessiert das gar nicht. Sie sind Veganer und nehmen keine tierischen Produkte zu sich. Aber wie soll man gefüllte Teigtaschen ohne Eier hinbekommen? Ich habe es kürzlich versucht und muss sagen: Typisch chinesisch war das nicht.
Auf der Pilzjagd
Jay Patankar, Indien

Pfifferlinge, Steinpilze, Maronenröhrlinge – meine Zeit in Erlangen hat mich zum Waldpilzgourmet gemacht. In meiner Heimat Indien würde ich wilde Gewächse nicht anrühren, doch hier greife ich im Restaurant begeistert zum Pilzgericht. Meine Frau hat sogar ein Bestimmungsbuch gekauft, unsere beiden Kinder freuen sich auf die Pilzjagd im Herbst. Und ich beobachte vergnügt, wie meine Vorurteile deutschem Essen gegenüber bröckeln. Sauerkraut, Kartoffeln und Schweinefleisch hatte ich in Deutschland erwartet und mich bei dem Gedanken geschüttelt. Doch nun kann ich gar nicht genug bekommen von den vielen guten Sachen, von Vollkornbrot mit ganzen Körnern, Truthahnfleisch und Hefeweizen. Inzwischen mag ich sogar Sauerkraut, vor allem, wenn es mit Wacholderbeeren serviert wird. Danach bitte eine dieser fein gezuckerten Nachspeisen, eine bayerische Creme, Rhabarberkuchen oder ein Stück Apfelstrudel. Indische Desserts? Finde ich inzwischen viel zu süß.
Unschlagbare Preise
Adam Ceesay, Gambia

Unglaublich, was man alles aus Kartoffeln machen kann! Von zu Hause kannte ich Pommes frites und Püree, aber Puffer, Kroketten, Gratins, Salate und Suppen aus Kartoffeln habe ich erst in Bremen kennengelernt. Mein deutscher Nachbar hat mir kürzlich ein Kartoffelkochbuch geschenkt, ein paar Rezepte habe ich schon ausprobiert. Ich koche praktisch täglich, meistens ein Reisgericht mit Fisch, so wie es in meiner Heimat üblich ist. Alle Zutaten kann ich in meinem Viertel kaufen – zu unschlagbaren Preisen: Wofür ich hier einen Euro zahle, kostet in Gambia locker fünf Euro. Was ich liebe, ist die großartige Auswahl an deutschen Käsetheken. Verblüffend finde ich die Tischsitten: Pizza, zum Beispiel, essen viele mit den Fingern, sogar bei offiziellen Anlässen. Wo ich herkomme, würde man immer zu Messer und Gabel greifen.
Was bitte schön ist „Spongel“?
John Henry Lehman, USA

Meine Eltern haben beide deutsche Wurzeln. Seit meiner Kindheit kenne ich Bratkartoffeln, Würstchen und Apfelkuchen, und ich liebe sie. Doch was ist „Spongel“? Ich war neu in Berlin, es war mitten im Frühling, und dieses seltsame Wort stand jeden Tag auf der Kreidetafel meines Lieblingsitalieners. Ich erkundigte mich in gebrochenem Deutsch nach der Bedeutung und schlug in Wörterbüchern nach – nichts. Schließlich orderte ich eine Portion und stellte fest: „Spongel“ ist Spargel. Den habe ich dann noch oft bestellt, am liebsten mit zerlassener Butter und gefolgt von einem Erdbeerdessert. Mittags ging ich gern in die Kantine der Physikalisch- Technischen Bundesanstalt, wo ich einen Lichtdetektor für die Klimaforschung entwickelte. Sterneküche war das natürlich nicht und die Quarkspeise sollte man meiden. Aber die Köche gaben ihr Bestes, und ich fand es großartig, überhaupt eine Kantine zu haben. In amerikanischen Forschungseinrichtungen ist das nur ganz selten der Fall.
Brot, Beeren, Bier
Simone Nunes Brandão, Brasilien

Mit Freunden draußen sitzen, auf dem Tisch ein Weißbier und in der Hand ein Brötchen mit Bratwurst – so schön kann der Sommer in Deutschland sein. Die Menschen sind dann glücklicher als sonst, geselliger und lockerer. Ich darf das sagen, immerhin habe ich zehn Jahre in Deutschland gelebt. Seit vier Jahren bin ich wieder in Brasilien. Was ich als Genussmensch am meisten vermisse? Vor allem das herrliche Vollkornbrot, die Himbeeren, die Blaubeeren, Apfelschorle, die vielen tollen Biersorten und dass es an jeder Ecke Bioprodukte gibt. Leider werfen die Deutschen viele Lebensmittel weg, sobald sie nicht mehr ganz frisch sind. Man kann sich das leisten, weil Essen relativ billig ist. Für meine geliebte Schweizer Vollmilchschokolade zahle ich jetzt deutlich mehr. Aber eine Tafel im Monat muss einfach sein.