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Fossilien und Vielfalt: Forschen für den Fortschritt

Im Amniota Lab des Naturkundemuseums Berlin forscht die spanische Paläontologin und Humboldt-Stipendiatin Iris Menéndez González zur morpho-ökologischen Evolution von Eichhörnchen. Was es heißt, wenn Vielfalt fehlt, ergründet sie auch in der Initiative Mujeres con los pies en la Tierra (Frauen mit den Füßen auf dem Boden), die sich für Chancengerechtigkeit in der Wissenschaft einsetzt.

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Saturn-ähnliches Dekortationsbild

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Ein Foto von Iris Menéndez bei der Arbeit bei einer Ausgrabung. Bildtext: Drei Fragen an Iris Menéndez González  Paläontologin  Darunter das Logo der Stiftung.
Frage: Warum haben Sie sich für die Humboldt-Stiftung entschieden?  Antwort (Zitat): „Ich hatte viel Gutes über den wertschätzenden Umgang seitens der Stiftung gehört. Zudem ist die Humboldt-Stiftung international sehr renommiert, allein der Name öffnet mir Türen, die ohne mein Stipendium verschlossen geblieben wären.“  Iris Menéndez González Humboldt Stipendiatin  Logo der Stiftung
Frage: Wie sehen Sie die Position von Frauen in der Wissenschaft?  Antwort (Zitat): „Derzeit ist die Wissenschaftswelt weder chancengerecht noch divers. Um diese strukturellen Probleme zu lösen, ist es wichtig anzuerkennen, dass wir alle unbewusste Stereotype in uns tragen. Unconscious Bias existiert, auch wenn wir das nicht wollen.“  Iris Menéndez González Humboldt Stipendiatin  Logo der Stiftung
Frage: Was würden Sie Forscherinnen aus Ihrem Land raten, die noch zögern, einen Forschungsaufenthalt in Deutschland zu machen?  Antwort (Zitat): „Baut euch bereits im Vorfeld ein Netzwerk auf. Tretet mit internationalen und deutschen Wissenschaftler*innen in Kontakt. Das Wichtigste ist, dass man Unterstützung hat, in professioneller wie auch in menschlicher Hinsicht. Meinen Erfolg verdanke ich nicht nur meiner wissenschaftlichen Leistung, sondern auch meinem Netzwerk.“  Iris Menéndez González Humboldt Stipendiatin  Logo der Stiftung

Am liebsten besucht die spanische Paläontologin Iris Menéndez González das Berliner Museum für Naturkunde wenn es Nacht wird. „Manchmal gehe ich nach einem langen Arbeitstag in die Saurierwelt-Ausstellung im Lichthof. Dann ist es still und menschenleer und ich kann mir in aller Ruhe die riesigen Dinosaurierskelette ansehen und den etwa 150 Millionen Jahre alten Urvogel Archaeopteryx litographica, das bekanntestes Fossil der Welt“, sagt Iris Menéndez González. „Er ist fast vollständig erhalten, sogar Abdrücke einzelner Federn sind auf der Kalkplatte zu sehen! Für mich ist er die Mona Lisa der Paläontologie.“

Seit März 2023 forscht die Humboldt-Stipendiatin als Gast ihres Hosts Faysal Bibi am Amniota Lab des Naturkundemuseums zur morpho-ökologischen Evolution von Eichhörnchen und anderen Nagetieren. Dort sammelt sie paläontologische und neontologische Daten aus Knochen und Zähnen, die sie mithilfe geometrisch-morphometrischer 3-D-Techniken aufbereitet und interpretiert. Ihr Ziel: Makroevolutionäre Muster von Nagetieren zu verstehen und diese in einer Datenbank zu veröffentlichen. „Ich will außerdem aufzeigen, wie Arten in der Vergangenheit auf Klimaveränderungen reagierten und was es heißt, wenn Vielfalt verschwindet.“

Ein Freund, der ebenfalls Humboldtianer ist, empfahl ihr die Forschungsgruppe und das Humboldt-Stipendium. „Hier sammele ich internationale Erfahrungen und knüpfe wertvolle Kontakte. Das Stipendium bietet mir zudem finanzielle Freiheit, die meine Forschung voranbringt.“

Mehr Informationen zum Humboldt Forschungsstipendium 

Faszinierende Fossilien

Dass Menéndez González heute als Paläontologin arbeitet, ist auch die Erfüllung eines Kindheitstraums. Schon als Sechsjährige besuchte sie mit ihren Eltern Museen und Ausgrabungsstätten, las Bücher zum Thema und hörte zum ersten Mal vom Australopethicus afarensis-Skelett Lucy, die ihren Namen einem Beatles-Song verdankt, der während des Fundes auf einem Kassettenrekorder lief.

„Gemeinsam mit anderen nach Fossilien zu graben und dabei Beatles zu hören, klang für mich traumhaft“, so Menéndez González, die zuerst Biologie studierte. Als sie im Bachelor-Studium zwei Wochen auf der Fossilienfundstelle Batallones verbrachte, fand sie ihr heutiges Forschungsfeld. „Das Gefühl mit dem Schraubenzieher im Sand ein Fossil freizulegen, das seit neun Millionen Jahren niemand mehr gesehen hat, war großartig und machte mich süchtig.“ Dort lernte sie auch ihren späteren wissenschaftlichen Betreuer Manuel Hernández Fernández kennen. Er ermutigte sie, sich für den Master-Studiengang Paläontologie zu bewerben. „Ich bin nicht sicher, ob ich mir das alleine zugetraut hätte“, so Menéndez González.

Frauen gezielt zu fragen, ob sie sich für bestimmte Bereiche oder Positionen bewerben möchten, könnte laut Menéndez González langfristig mehr Chancengerechtigkeit bringen. „Es ist wichtig, Bedingungen zu schaffen, die angesichts struktureller Ungleichheiten eine Wissenschaftskarriere ermöglichen. So wie es die Humboldt-Stiftung mit ihren Stipendien macht, die etwa auch die Förderung der Familie umfassen.“ Unbewusste Stereotype seien ein wesentlicher Grund, warum Frauen in vielen Wissenschaftsbereichen noch unterrepräsentiert sind. „Um wirklich etwas zu ändern, müssen wir unbewusste Stereotype und Vorurteile aufdecken.“ Was junge Wissenschaftlerinnen wissen sollten: „Ihr habt nichts falsch gemacht, wenn euch in Auswahlgesprächen mehr Fragen gestellt werden als männlichen Kommilitonen oder wenn eure Forschung kleingeredet wird. Diese Dinge passieren. Es liegt nicht an euch!“ 

Vielfalt ermöglichen

Eine Haltung, die sie auch ihrer wissenschaftlichen Betreuerin Ana Rosa Gómez Cano verdankt, die eigene Erfahrungen mit ihr teilte. Zusammen mit anderen Paläontologinnen gründeten sie die Initiative „Mujeres con los pies en la Tierra“. Mit quantitativen Studien etwa zur Präsenz von Wissenschaftler*innen auf großen paläontologischen Jahrestagungen machen sie auf strukturelle Ungleichheiten aufmerksam. Ihre Vision: Eine Wissenschaftswelt, in der Menschen aller Geschlechtsidentitäten und Herkünfte vertreten sind. „Bisher gibt es keine Vielfalt, weil in den Köpfen noch immer feste Bilder bestehen, wie ein*e Wissenschaftler*in zu sein hat.“ Sie wünscht sich das Forschende nicht miteinander konkurrieren, sondern sich unterstützen. Menéndez González: „Je stärker wir in der akademischen Welt zusammenwachsen, desto irrelevanter werden Privilegien. Das würde jenen den Weg in die Wissenschaft öffnen, die bisher keinen Zugang haben. Daran sollten wir arbeiten.“

Autorin: Esther Sambale

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