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Drei Fragen an: Jeanne Agrippine Yetchom Fondjo
Die kamerunische Entomologin Jeanne Agrippine Yetchom Fondjo ist oft eine der Ersten – im Lebensraum der Heuschrecken, die sie in den feuchten Waldgebieten Kameruns entdeckt und auch in ihrem Forschungsfeld der Taxonomie. „In Kamerun gibt es nur sehr wenige Fachleute für Taxonomie, ich bin die einzige Frau“, erzählt die Georg Forster-Stipendiatin und Wissenschaftlerin der Universität Douala. Über 1.000 unterschiedliche Heuschreckenexemplare entdeckte und bestimmte Jeanne Fondjo in den vergangenen sieben Jahren in Kamerun, von denen neun Arten neu für die Wissenschaft sind. Ihre Sammlung brachte sie 2022 mit in die Forschungsgruppe ihres Gastgebers Martin Husemann – zuerst am Hamburger Leibniz-Institut zur Analyse des Biodiversitätswandels und seit März 2024 am Staatlichen Museum für Naturkunde in Karlsruhe. Dort forscht sie im Referat Entomologie zur Artenabgrenzung der kamerunischen Kurzfühlerschrecken. Dabei verfolgt sie einen integrativen taxonomischen Ansatz: Neben intensiven Feldbeprobungen, also dem Sammeln und Konservieren von Heuschreckenproben in Kameruns Wäldern, nutzt Fondjo Museumsstudien, klassische morphologische Arbeiten und genetische Analysen, bei denen die Standard- Barcoding- und Multigen-Technik zum Einsatz kommen. Ihr langfristiges Ziel: „Ich möchte eine DNA-Barcode-Referenzbibliothek für die Heuschreckenfauna Kameruns und der Region Tropisches Afrika erstellen, die für eine effektive Identifizierung nützlich und weltweit zugänglich sein wird. Auf dieser Grundlage will ich die DNA-Barcodes aller Orthoptera-Arten des afrikanischen Regenwaldes in eine Datenbank aufnehmen und einen phylogenetischen Baum erstellen, der die evolutionären Beziehungen zwischen den Arten darstellt.“
Neues erforschen
Dass Fondjo ihren Weg in die Wissenschaft und in dieses Forschungsfeld finden würde, war nicht immer klar. „In Kamerun werden Heuschrecken vor allem als Schädlinge wahrgenommen und sowohl wissenschaftlich als auch bei Umweltschutzmaßnahmen vernachlässigt. Dabei sind sie elementarer Teil der Nahrungskette und halten das Ökosystem im Gleichgewicht“, so Fondjo. Während ihrer Promotion zum Thema „Ökologie und Taxonomie von Heuschrecken aus den litoralen immergrünen Waldzonen Kameruns“ versuchte ein wissenschaftlicher Betreuer sie zu überzeugen, sich allein auf den Ökologie-Aspekt zu konzentrieren. „Das kam nicht infrage. Ich wollte etwas völlig Neues erforschen“, so Fondjo, die 2020 als erste Kandidatin und als erste Frau ihren Doktortitel im Bereich Zoologie an der Universität Douala erfolgreich verteidigte.
Bis zum Bachelor-Abschluss gebe es an kamerunischen Universitäten viele weibliche Studierende. Doch je höher die Abschlüsse, desto weniger Frauen seien vertreten. Die meisten beenden ihr Studium nach dem Master, Doktorandinnen gibt es nur wenige. „Der gesellschaftliche Druck, Ehefrau und Mutter zu werden, ist hoch. Ich glaube, fast jede afrikanische Frau ist damit konfrontiert. Zudem existiert in einigen Teilen des Landes die Ansicht, dass Wissenschaft nichts für Frauen sei.“ Fondjo selbst bekam stets Rückhalt durch ihre Mutter, obwohl ihr Umfeld immer wieder Druck ausübte, dass die Tochter besser heiraten und Kinder bekommen solle. Was Fondjo bei ihren Master-Studentinnen zudem beobachtet: „Die meisten von ihnen haben wenig Selbstbewusstsein und große Versagensängste. Manche glauben sogar, dass sie in der Wissenschaft nicht die gleiche Leistung erbringen können wie Männer.“ Ihnen will Fondjo zeigen, dass ein Weg in die Wissenschaft möglich ist. „Es ist wichtig, sich nicht entmutigen zu lassen und es trotz aller Herausforderungen immer wieder zu versuchen.“
Als sie sich für das Georg Forster-Stipendium bewarb, riet ihr Umfeld anfangs davon ab. Die Hürden seien hoch und die Konkurrenz sehr groß. „Ich wollte es dennoch versuchen, denn ich hatte Vertrauen in mich und ich war erfolgreich“, sagt Fondjo. Schon jetzt wirken sich die Aufenthalte in Hamburg und Karlsruhe positiv auf ihre Karriere aus. „Dank der guten Arbeitsplatz- und Laborausstattung kann ich mich völlig auf meine Forschung konzentrieren. Ich habe bereits zwei Paper geschrieben, die aktuell geprüft werden, ein drittes ist in Arbeit. Nebenbei habe ich mein Netzwerk um wertvolle Kooperationskontakte zu deutschen und internationalen Forscher*innen erweitert.“ Und sie hat eine auf zwei Jahre befristete Stelle als Wissenschaftlerin am Staatlichen Museum für Naturkunde in Karlsruhe in Aussicht. Diese Erfahrungen wünscht Fondjo auch anderen kamerunischen Wissenschaftlerinnen. Es ist ihr ein Anliegen, den Gendergap in ihrem Forschungsfeld zu verringern. „Wir brauchen mehr Frauen. Ich gebe jeden Tag mein Bestes, um ihnen zu beweisen, dass wir in der Forschung erfolgreich sein können. Es ist herausfordernd, aber wir können es schaffen.“
Autorin: Esther Sambale