Pressemitteilung

Haushaltskürzungen zwingen Humboldt-Stiftung zu drastischen Einsparungen

Stiftungspräsident Schlögl gab heute in Berlin Programmstreichung als einziges Mittel zur Finanzierung von höheren Forschungsstipendien bekannt.

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Foto der Pressekonferenz mit Robert Schlögl, Enno Aufderheide und Kristina Güroff
Stiftungspräsident Robert Schlögl (mitte), Generalsekretär Enno Aufderheide (rechts) und Presse-Referentin Kristina Güroff (links)
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Die Alexander von Humboldt-Stiftung sieht sich gezwungen, ein komplettes Stipendienprogramm einzustellen und mit kurzfristigen Einschnitten bei Erst- und Alumniförderungen zu reagieren, um trotz Haushaltskürzungen die Stipendiensätze für ihre Geförderten erhöhen zu können. Das kündigte Robert Schlögl, Präsident der Humboldt-Stiftung, am Donnerstag bei einer Pressekonferenz in Berlin an.

Für Stiftungspräsident Schlögl ist diese erste Erhöhung nach elf Jahren dringend notwendig, aber nach wie vor unzureichend. „Wir halten es angesichts der internationalen Konkurrenzlage für absolut wichtig und richtig, den ausgezeichneten Forscher*innen, die wir nach Deutschland holen wollen und als Auftrag der Politik ja auch holen sollen, angemessene Stipendienleistungen zu bieten“, so Schlögl. „Bei Preissteigerungen über 20% seit der letzten Erhöhung ist das, was wir jetzt tun, nur ein Tropfen auf den heißen Stein.“ Die Erhöhung wird als ein erster dringlicher Zwischenschritt begrüßt, um die aktuellen finanziellen Auswirkungen der Inflation abzumildern. Sie wird aber dem eigentlichen Bedarf noch nicht gerecht. Daher ist zeitnah eine weitere Erhöhung erforderlich.

Im Humboldt-Forschungsstipendienprogramm erhalten Postdoktorand*innen nun monatlich 2.700 statt 2.500 Euro und erfahrene Forschende 3.200 statt 3.000 Euro. Die Erhöhung wird ab Dezember rückwirkend zum 1. Oktober 2023 ausgezahlt. Auch die Geförderten des Internationalen Klimaschutzstipendiums erhalten pro Monat 200 Euro mehr.

„Seit vielen Jahren bemüht sich die Humboldt-Stiftung schon um zusätzliche Mittel für die Aufstockung der Stipendien. Jetzt haben wir endlich grünes Licht für die Erhöhung bekommen, aber kein zusätzliches Geld“, sagte Präsident Schlögl. Die Stiftung muss also die Gegenfinanzierung mit den bisher vorhandenen Mitteln stemmen.

Es ist daher nötig, an anderer Stelle zu kürzen. Die Stiftung hat sich dagegen entschieden, die Zahl der vergebenen Forschungsstipendien dauerhaft noch weiter zu senken. Das hätte zu gravierenden Auswirkungen geführt. Schon jetzt müssen immer wieder sehr qualifizierte Bewerber*innen abgelehnt werden, die sich dann auch in anderen Ländern nach einer Förderung für Forschungskooperationen umsehen. Um die Stipendien so zu erhöhen, wie es nötig wäre, fehlen der Humboldt-Stiftung rund 10 Mio Euro. Robert Schlögl: „Es ist absehbar, dass wir insgesamt pro Jahr über 100 Stipendien weniger vergeben können. Das sind über 100 verpasste Chancen auf gute Ideen in deutschen Laboren und Bibliotheken und über 100 verpasste Chancen, lebenslange Freunde in aller Welt zu gewinnen.“ Dadurch geht dem Forschungsstandort Deutschland viel Talent verloren, das ansonsten dauerhafte Verbindungen zu Deutschland aufgebaut hätte.
„Wir beobachten außerdem, dass die Vergabe von weniger Stipendien in der Regel zu einer überproportionalen Reduktion an Diversität führt, da es häufig Bewerbende aus eher schwächeren Forschungssystemen sind, die sich dann bei der kompetitiven Auswahl nicht durchsetzen können“, erklärte Schlögl.

Um das zu vermeiden und dennoch die Stipendienratenerhöhung umsetzen zu können, hat die Humboldt-Stiftung entschieden, das Bundeskanzler-Stipendium für Nachwuchsführungskräfte einzustellen. Für 2024 wird die Zahl der Stipendien halbiert, im nächsten Jahr soll es dann keine neue Bewerbungsrunde mehr geben. „Es schmerzt uns außerordentlich, dass wir uns dazu gezwungen sehen, auf dieses renommierte Programm zu verzichten. Wir sehen leider keine andere Möglichkeit, im Haushalt des Auswärtigen Amts zu sparen. Wir wollen damit eine irreparable Schwächung unseres Kerngeschäfts vermeiden“, sagte Robert Schlögl in Berlin. Das Bundeskanzler-Stipendium wurde 1990 auf Initiative des damaligen Bundeskanzlers Helmut Kohl ins Leben gerufen und hat es Hochschulabsolvent*innen mit ersten Führungserfahrungen aus den USA, Russland (seit 2002), China (seit 2006), Indien, Brasilien (seit 2013) und Südafrika (seit 2021) ermöglicht, gesellschaftlich relevante Projekte in Deutschland umzusetzen.

(Pressemitteilung 30/2023)

Jährlich ermöglicht die Alexander von Humboldt-Stiftung über 2.000 Forscher*innen aus aller Welt einen wissenschaftlichen Aufenthalt in Deutschland. In weltweit über 140 Ländern pflegt die Stiftung ein fächerübergreifendes Netzwerk von mehr als 30.000 Humboldtianer*innen – unter ihnen 61 mit Nobelpreis.

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