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„Wir sind mitten in einem großen Experiment“

In unserem Podcast Bench Talks sprechen der Makroökologe Brian McGill und die Wissenschaftsjournalistin Sahana Ghosh über die Zukunft der Biodiversität und wie eine bessere Kommunikation zum Gamechanger werden kann.

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Ein Bild mit gelbem Hintergrund und den Fotos der beiden Teilnehmenden. Dazu der Text The Future of Biodiversity. Why we need better data and communication. Bench Talk with Sahana Ghosh and Brian McGill
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Wie lässt sich die Zukunft der Biodiversität vorhersagen? Vor welche Herausforderungen stellt uns die Analyse von Ursache und Wirkung in der ökologischen Forschung? Hängt der Artenrückgang unmittelbar mit dem Klimawandel zusammen? In der neuen Folge unseres Podcasts Bench Talks kommen der Biodiversitätsforscher und Humboldtianer Brian McGill (University of Maine) und die Wissenschaftsjournalistin Sahana Ghosh (Nature India) in Berlin zusammen. Sie sprechen über globale Datensammlungen, Attribution und darüber, wie kluge Investitionen und bessere Kommunikation dazu beitragen können, das Leben auf der Erde zu schützen.

Artenverlust, Tierwanderungen oder die Auswirkungen menschlicher Landnutzung auf die Biodiversität sind komplexe Vorgänge, die nicht immer leicht zu kommunizieren sind. Aber der Makroökologe und Humboldt-Forschungspreisträger Brian McGill schreckt vor komplexen Szenarien nicht zurück.

Datenlücken und Investition

Eines der größten Probleme bei der Bewertung und Vorhersage von Biodiversität liegt in der Unsicherheit oder Nichtverfügbarkeit von Daten – das erschwert ein umfassendes Verständnis der Evolution und Variation von Arten und behindert globale politische Maßnahmen. Die Wissenschaftsjournalistin Sahana Ghosh weist darauf hin, dass Monitorings oft gerade nicht in den vulnerablen und zugleich artenreichsten Teilen der Welt stattfinden, vor allem im Globalen Süden. Es sei Zeit, sagt sie, die blinden Flecken in groß angelegten Biodiversitätsstudien anzugehen. Forschungsförderung solle sich auf langfristige Datensammlungen in der gesamten Welt fokussieren.

Daten sind allerdings nur ein Aspekt, wenn man die Entwicklungen im Bereich Biodiversität vorhersagen will. „Wir sind mitten in einem großen Experiment“, sagt McGill. Eine wissenschaftlich fundierte Antwort auf aktuelle Herausforderungen der Biodiversität bedarf einer näheren Überprüfung aller zur Verfügung stehenden Methoden und Ansätze, so seine Überzeugung. Welche strukturellen Innovationen, welche Technologien, aber auch welche politischen Handlungen und welche Veränderungen im Wissenschaftssystem selbst können wirklich etwas bewirken?

Der Ökologe weist auch auf die großen Investitionslücken in der Biodiversitätsforschung hin, verglichen mit anderen Fachbereichen wie der Weltraumforschung oder der Physik. Die „ehrfurchtgebietenden“ Wissenschaften, so McGill, zögen mehr Aufmerksamkeit auf sich – obwohl es bei der Biodiversität im Grunde darum geht, die Lebensfülle auf unserem Planeten zu schützen. Er fordert einen pragmatischeren Ansatz: Die Milliardenausgaben für die Erforschung des Weltraums sollen aufgewogen werden durch Investitionen in den Schutz der Natur auf der Erde.

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Kooperation und Kommunikation

Aber letztlich ist Kommunikation der Schlüssel. McGill meint, dass man im akademischen Bereich ein besseres Verständnis dafür entwickeln müsse, wofür sich die Menschen interessieren. „Wissenschaftler*innen haben nicht gut zugehört“, sagt er. Aber sie sind nicht die einzigen: „Als Gesellschaft müssen wir darüber sprechen, was uns wichtig ist und was wir bewahren wollen.“ Auch Journalist*innen spielen eine wichtige Rolle in diesen Gesprächen und in der Außendarstellung von Biodiversitätsfragen.

Auch Sahana Ghosh ist der Meinung, dass die Medien für ein differenzierteres und attraktiveres Storytelling zur Verantwortung gezogen werden müssen. „Es gibt eine Tendenz, komplexe Narrative zu vermeiden“, sagt Ghosh. Sie fordert einen Wissenschaftsjournalismus, der sich auf langfristiges Monitoring und lokale Auswirkungen von Biodiversitätsproblemen fokussiert sowie ein Storytelling, das immersiver und kulturspezifischer ist und Komplexität zulässt. Ghosh hebt auch die Bedeutung von globalem Austausch und der Kooperation zwischen Wissenschaft und Medien hervor. Forschende und Journalist*innen hätten viel gemeinsam – um dies zu entdecken, benötigen sie vor allem gemeinsame „quality time“: „Wie Vögel, die über die Kontinente fliegen, finden Forschende und Journalist*innen ihre Räume – so wie das Communication Lab – wo sie an einem Tisch sitzen, einander die Hände schütteln und die Art von Fragen stellen, die hoffentlich einige dieser Probleme lösen.“

Über Bench Talks

Zwei Menschen auf einer Bank. Irgendwo in Berlin. Ein/e Wissenschaftler*in und ein/e Journalist*in diskutieren über das aktuelle Weltgeschehen und den Stand der Wissenschaftskommunikation. Ein Dialog, der einen Vergleich zwischen verschiedenen Kulturen und Sprachen ermöglicht. Ein ungezwungenes Gespräch zwischen zwei Berufsgruppen, die selten die Zeit haben, sich ungeplant zu unterhalten. Hier erlauben wir uns den Luxus, im interdisziplinären Raum zu treiben und zu verweilen – was zu neuen Perspektiven für unsere globale Gemeinschaft führt.

Bench Talks ist Teil des Communication Labs, eines gemeinsamen Programms der Alexander von Humboldt-Stiftung und der Internationalen Journalisten-Programme.

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