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Communication Lab #6: Ressourcenkrisen lösungsorientiert kommunizieren

Im sechsten Communication Lab „Schwindende Ressourcen – wachsende Konflikte“ (28.–29. Oktober & 4.–5. November 2022) haben sich Geförderte der Humboldt-Stiftung mit Journalist*innen über Fragen globaler Ressourcenknappheit ausgetauscht.

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Steigende Öl- und Getreidepreise, schwindende Holz- und Wasservorräte: Aktuelle globalpolitische Entwicklungen und Klimaveränderungen machen deutlich, wie abhängig wir von stabilen Ressourcen und sicheren Handelsrouten sind. Auffällig ist, die Auswirkungen aktueller Energie- und Nahrungsmittelkrisen werden vorrangig national diskutiert, sind aber von globalen Verflechtungen abhängig und treffen die ärmsten Regionen der Welt besonders hart. Mehr denn je gilt es, darüber nachzudenken, welche Alternativen wir in Hinblick auf den Anbau, die Nutzung und den Transport von derzeit übernutzten Ressourcen haben. Welche richtungsweisenden und innovativen Methoden aus der internationalen Forschung können uns helfen, unseren Planeten nachhaltig zu bewirtschaften und faire Handelsbedingungen zu schaffen? Wie müssen diese vermittelt werden, um verschiedene gesellschaftliche Zielgruppen zu erreichen? Das Fazit: Besonders in Krisenzeiten braucht es lösungsorientierte, ermutigende und länderübergreifende Narrative und einen klaren Fokus auf wissenschaftliche Innovationen im Bereich nachhaltiger Wandel.

Screenshot der ganzen Gruppe

Christina Gehlsen, stellvertretende Leiterin des Referats für internationale Wissenschaftspolitik im Auswärtigen Amt, und Thomas Hesse, stellvertretender Generalsekretär der Humboldt-Stiftung, sprachen die Grußworte zum Auftakt des sechsten Communication Lab. Beide betonten die zentrale Rolle von Wissenschaft und Journalismus in der Bewältigung der aktuellen globalen Herausforderungen.
Im weiteren Verlauf des viertägigen Workshops diskutierten die Teilnehmenden des ComLab#6 mit renommierten Expert*innen aus Forschung, Medien und Zivilgesellschaft, was gute Wissenschaftskommunikation ausmacht – besonders in einer zunehmend instabilen Weltlage.

Wie steht es um den Wissenschaftsjournalismus in einer immer komplexer werdenden Welt? Auch wenn es komplizierter geworden sei, gegen neu entstandene Echokammern und Fake News anzugehen, der Appetit nach spannenden Geschichten aus der Wissenschaft sei ungebrochen, so Clive Cookson, Science Editor der Financial Times. Besonders die Covid-19-Pandemie und der Klimawandel haben die Relevanz von Wissenschaft und Berichterstattung deutlich gemacht. Das sechste Communication Lab begann mit Optimismus und der Aufforderung an alle anwesenden Forschenden und Journalist*innen selbstbewusst nach vorne zu schauen.

Zitat Clive Cookson: “A good science story has to balance excitement about something new with perspective, so it doesn’t seem like it comes out of the blue.”

Besonders im Bereich Klimaberichterstattung zeigt sich das von Cookson aufgemachte Spannungsfeld zwischen der Dringlichkeit des Themas und den Herausforderungen der Kommunikation. Damian Carrington, Environment Editor des Guardian, skizzierte die Entwicklungen des Feldes in den letzten 10 Jahren. Klimathemen ließen sich nunmehr in allen Ressorts finden, sie seien Teil der Wirtschafts- und Politiksparten, aber auch der Lifestyle und Reise-Rubriken. Weitere Themen der Runde: Wie lassen sich Unsicherheit und Dissens in der Klimaforschung in den Medien abbilden? Und wie begegnet man Klimaleugnern?

Thorsten Wagener, Hydrologe und Alexander von Humboldt-Professor an der Universität Potsdam sprach zu Wasser als globaler Ressource und den Konflikten rund um das Thema Wasserversorgung. Wasserknappheit, so Wagener, sei eine glokale Herausforderung, die nach einer interdisziplinären und internationalen Perspektive verlangt. Hydrologische Modelle, wie sie Thorsten Wagener und sein Team entwickeln, können eine große Hilfe bei der Prävention von Hochwassern oder Trockenperioden sein. Die Hitzewelle in Europa habe uns deutlich vor Augen geführt, dass der Klimawandel kein entferntes Szenario ist. Wagener betonte: „In den letzten Jahren ist den Menschen klar geworden, dass nicht jemand anders das Problem hat, sondern dass wir alle gemeinsam betroffen sind. Ich denke, das ist die Chance, die wir nutzen können”.

Dies betrifft auch Fragen der Landnutzung. Tobias Kümmerle, Professor der Geographie an der Humboldt Universität zu Berlin und Henriette Herz-Scout, forscht an der Schnittstelle von nachhaltiger Landwirtschaft und dem Erhalt von Biodiversität in den gefährdeten Wäldern Südamerikas. Er machte deutlich: Bewusste Anbaumethoden, neue Technologien und ein breiter Dialog mit der Gesellschaft – vor allem aber mit den Landbesitzern und Bauern vor Ort – bieten erfolgsversprechende Wege ressourcenschonender Praxis. Die Gesundheit des Bodens sei kein Verlustgeschäft, im Gegenteil. Mensch und Umwelt können von einem Umdenken in der Landwirtschaft profitieren, so Kümmerle.

Alexandre Caldas, Leiter des Ressorts Big Data, Abteilung Wissenschaft, UNEP, hielt einen inspirierenden Vortrag über die Bedeutung von Daten und Daten-Analysen als globaler Ressource, um zu besseren Vorhersagemodellen in der Klimaprävention zu kommen. Er betonte die Herausforderungen bei der Erhebung von Daten in den ärmsten und politisch instabilen Regionen der Welt. Der Kampf gegen die Klimakrise bedeute nicht zuletzt Friedenssicherung. Caldas markierte Klimagerechtigkeit als zentrales Problem, für das es globale Lösungen brauche sowie Strukturen vor Ort, um die SDGs auf lokaler Ebene umzusetzen. 

Ohne eine umfassende Klimabildung kann es keinen Wandel geben – darin waren sich die Expert*innen des Panels „Klima-Kompetenz“ einig. Bethany Wiggin, Gründungsdirektorin des Penn Program in Environmental Humanities und Leiterin des Projekts „My Climate Story“ sowie Gastgeberin im Internationalen Klimaschutzstipendium, Simon Klein, Wissenschaftsreferent am Office for Climate Education und Keya Lamba, Co-Gründerin der Organisation Earth Warriors diskutierten mit den Teilnehmenden des ComLab über Best Practices der Klimakommunikation. Dabei ging es auch um die Frage, wie Kommunikator*innen, Pädagog*innen und Forschende einer steigenden Klimaangst unter Kindern und Jugendlichen entgegenwirken können. Die wichtigsten Erkenntnisse aus der Runde:

  • positive Erzählungen in den Mittelpunkt stellen
  • Klimabildung muss früh beginnen
  • Kinder und Jugendliche zu Akteur*innen ihrer Umwelt machen
  • Lehrer*innen ermutigen und dabei unterstützen, Klimathemen in allen Bereichen des Curriculums zu integrieren und zu vermitteln

Darüber hinaus sei es zentral, sich global auszutauschen, kulturelle und soziale Unterschiede im Blick zu behalten und das Material für den Klassenraum aus den jeweiligen Kontexten heraus und mit den Akteuren vor Ort zu entwickeln.

Die Speaker des ComLab#6: Clive Cookson, Bethany Wiggin, Thorsten Wagener, Shweta Bahri, Christina Gehlsen, Damian Carrington, Mariette DiChristina, Michael Wingens, Alexandre Caldas, Amie Liebowitz, Elisabeth Gruber, Tobias Kuemmerle, Keya Lamba, Simon Klein, Jens Radü, Annegret Burkert

Neben den Impulsvorträgen aus Wissenschaft und Medien diskutierten die Teilnehmenden in Kleingruppen länderspezifische Aspekte von Ressourcenknappheit in den Bereichen Wasserversorgung, Landwirtschaft, Energie und Technologie. Zudem ging es um den Austausch zu effektiven Methoden der Wissenschaftsvermittlung und möglichen Kooperationsformen zwischen Forschung und Medien.

Michael Wingens von Wissenschaft im Dialog stellte verschiedene Formate der Wissenschaftskommunikation vor. Ein zentraler Punkt der Debatte: Die Wirkung und Reichweite verschiedener Social Media Plattformen und deren national sehr unterschiedliche Ausprägungen. Annegret Burkert vom Science Media Center Germany betonte die Bedeutung der institutionellen Unterstützung für eine qualitativ hochwertige Wissenschaftsberichterstattung – besonders in Zeiten globaler Informationsflut. Jens Radü, Chef vom Dienst und Multimedia, DER SPIEGEL, beriet die Teilnehmenden zu Qualitätskriterien guter digitaler und multimedialer Storys und gab ihnen Feedback zu ihren Projektideen. Wie genau der Wissenschaftsjournalismus zur Demokratiebildung beitragen kann, diskutierte Mariette DiCristina, Dekanin des College of Communication an der Boston University mit den Teilnehmenden.

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Weitere Informationen zu ComLab#6

In den nächsten Wochen arbeiten die Teilnehmenden gemeinschaftlich an der Umsetzung ihrer Projektideen. Es entstehen Stücke zu

  • neuen globalen Allianzen in der Energiekrise
  • Wasserknappheit in Afrika
  • erfolgreichen internationalen Beispielen in der Flutprävention
  • der Bedeutung von Ressourcen im Bereich digitale Gesundheit
  • kommunikativen Strategien in der Bekämpfung von Abholzung
  • innovativen Methoden in der Nukleartechnik zur Gewinnung grüner Energie
  • länderübergreifenden Ansätzen nachhaltiger Landwirtschaft
  • den globalen Lieferketten wertvoller Rohmaterialien für den Betrieb von Elektrofahrzeugen.

Am 20. Januar 2023 werden die besten drei Projekte aus dem sechsten Communication Lab prämiert.


Zweimal im Jahr treffen zehn Geförderte der Humboldt-Stiftung auf zehn Alumni der Internationalen Journalisten-Programme (IJP e.V.). In Arbeitstandems entwickeln sie während eines viertägigen Workshops ein innovatives journalistisches Projekt. Ausgewiesene Mentor*innen begleiten den Entstehungsprozess. Im Zentrum der Arbeit steht das gegenseitige Lernen. Weitere Informationen finden Sie hier.

Der Dialog mit der Gesellschaft ist ein zentrales Anliegen der Stiftung. Weitere Informationen zu den Aktivitäten im Bereich Wissenschaftskommunikation finden Sie hier.

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