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Synthetische menschliche Embryonen, Mikro-Heizkraftwerke im eigenen Keller, Reisen ins All, eine künstliche Intelligenz, die den menschlichen Alltag organisiert und Texte verfasst: Willkommen in der Zukunft. Sie ist schon da!
Nach drei Jahren der virtuellen Begegnung trafen sich Forschende und Journalist*innen des Communication Lab zum ersten Mal persönlich in Berlin, um sich zu den drei Zukunftsthemen Künstliche Intelligenz, Klima-Innovationen und Biotechnologie auszutauschen. Teilnehmende aus über 20 Ländern und Fachrichtungen diskutierten Trends und Herausforderungen in der Kommunikation. Welche Aspekte der Klimaforschung und -innovation werden global betrachtet vernachlässigt? Welche bioethischen Fragen stellen sich angesichts der rapiden Entwicklungen in der Stammzellenforschung und synthetischen Biologie? Und wie verändert Künstliche Intelligenz unser Verständnis von Wahrheit, Autorenschaft und Authentizität?
An drei Netzwerktischen kamen die Teilnehmenden unter anderem mit internationalen Expert*innen folgender Institutionen ins Gespräch: AI & Society Lab des Alexander von Humboldt Instituts für Internet und Gesellschaft, Berliner Institut für Gesundheitsforschung in der Charité (BIH), Climate Change Center Berlin-Brandenburg, Deutsche Welle, Einstein Center Digital Future, Humboldt-Universität zu Berlin, National University of Sciences and Technology (NUST) Islamabad, SPIEGEL, taz, Universität Bonn und der Universität Potsdam.
Den Flash Talk zum Thema „Mental Time Travel“ hielt die Game Designerin und international bekannte Futuristin Jane McGonigal (Institute for the Future). Sie ermutigte die Teilnehmenden, mit Blick auf die globalen gesellschaftlichen Herausforderungen neue Wege des Storytellings zu erproben, in denen das Publikum selbst zum Hauptakteur wird. Die Zukunft, so McGonigal, muss erfahrbar und als Emotion greifbar werden. Sie führt diese Technik in Simulationen vor, in denen mögliche Szenarien wie eine durch Umweltkatastrophen unwirtlich gewordene Welt durchgespielt und so Teilnehmende resilient gemacht werden für zukünftige Krisen. Mehr noch: Die Simulationen inspirieren Menschen im Hier und Jetzt, Lösungen für das Morgen zu finden.
Öffentliche Debatte: „Aktivismus in Wissenschaft und Medien?"
Nach den Netzwerkrunden lud das Communication Lab am Abend zu einer öffentlichen Debatte ein. Das Panel mit Ralf Beste (Leiter der Abteilung Kultur und Gesellschaft, Auswärtiges Amt), Leonie Sontheimer (freie Journalistin, Co-Gründerin Netzwerk Klimajournalimus) und Zulfikar Abbany (Leitender Wissenschaftsredakteur, Deutsche Welle), moderiert von Stephanie Siewert (Alexander von Humboldt-Stiftung), diskutierte den Einfluss von politischen Positionen in Forschung und Wissenschaft. Wo ziehen wir die Trennlinie zwischen Aktivismus und Journalismus bzw. Forschung? Oder ist das Bild einer „objektiven Forschung“ und des „distanzierten Journalismus“ längst überholt? Welche Rolle spielen Wissenschaft und Medien in einer Zeit, in der sich öffentliche Debatten zunehmend radikalisieren und von populistischen Strömungen vereinnahmt werden?
Gerade wenn eine persönliche emotionale Verbindung zum Thema besteht, könne die Gratwanderung zwischen den Positionen fruchtbar, aber auch schwierig sein. Dabei gehe es, wie Leonie Sontheimer anmerkte, auch um Fragen der gesellschaftlichen Verantwortung. Sie sieht sich als engagierte Klimajournalistin. „Mit den Aktivitäten des Netzwerks für Klimajournalismus in Deutschland wollen wir zu einem simplen Ziel beitragen: dem Erhalt des Lebens auf diesem Planeten. Ich würde sagen: Wenn die Leute meinen, das sei politisch, dann ja, Journalismus und Wissenschaft sollten politisch sein”. Was als politisch definiert werde, sei jedoch sehr subjektiv. So gelte man heute als Journalist bereits als parteilich, wenn man im öffentlich-rechtlichen Rundfunk für Demokratie und Menschenrechte eintrete, so Zulfikar Abbany. Zugleich sieht er auch die Kehrseite: „Aktivismus ist heute so sehr mit Identitätspolitik verknüpft, dass sich die Menschen über Aktivismus als einer Art professioneller Fähigkeit definieren. Aktivismus ist jedoch kein Beruf. Journalismus ist ein Beruf und dieser muss geschützt werden.“
Die Panelist*innen diskutierten auch darüber, wie sich Biases in Forschung und Journalismus markieren lassen, ohne den Verlust von Glaubwürdigkeit zu riskieren. Ralf Beste aus dem Auswärtigen Amt betonte, dass Transparenz ein wichtiges Kriterium für Vertrauen in der Wissenschaftskommunikation sei, gerade angesichts globaler Desinformationskampagnen. Die Angst, falsch verstanden zu werden, dürfe nicht zu Resignation führen. „Das unumstrittene Wissen, dass es keine Objektivität gibt, sollte keine Entschuldigung dafür sein, sich nicht anzustrengen, skeptisch zu sein, gewissenhaft zu sein, neugierig zu sein, nachzudenken und es erneut zu versuchen.” Er wies auch darauf hin, dass wir uns mit den kulturellen Unterschieden hinsichtlich der Akzeptanz von wissenschaftlichen Erkenntnissen befassen müssen: „Wir müssen die Diskussion um die Dimension von Kultur und Demokratie erweitern. Die kulturellen Präferenzen können sehr unterschiedlich sein, wenn es um wissenschaftliche Forschung geht. Den Menschen stehen dieselben Informationen zur Verfügung, aber sie gehen unterschiedliche Wege und kommen zu unterschiedlichen Schlussfolgerungen. Das gilt auch zwischen den Nationen. Und hier kommt die Diplomatie ins Spiel“, so Ralf Beste.
Man war sich einig, dass sowohl Forschungsergebnisse als auch die Berichterstattung immer nur partielle Ausschnitte der Realität geben können. Zugleich biete die Wissenschaft ein wichtiges Korrektiv für gesellschaftliche Ungleicheit, betonten die Publikumsgäste. Wissenschaft und Journalismus können wichtige Instrumente zur Erkundung von Missständen sein, die sie wiederum gemeinsam angehen können – auch jenseits aktivistischer Pfade. Denn zwischen politisch sensiblen Herangehensweisen und Aktivismus sei das Spektrum groß.
Communication Lab
Zweimal im Jahr treffen zehn Stipendiat*innen der Humboldt-Stiftung auf zehn Journalist*innen aus aller Welt – Fellows der Internationalen Journalisten-Programme. Gemeinsam entwickeln sie während eines drei- bis viertägigen Workshops in Science-Media-Tandems ein innovatives journalistisches Projekt. Ausgewiesene Mentor*innen begleiten den Entstehungsprozess. Im Zentrum der Arbeit steht das gegenseitige Lernen. Welche Erwartungen gibt es aneinander? Wie gelingt eine vertrauensvolle Zusammenarbeit? Und was macht gute Wissenschaftskommunikation aus? Mehr Informationen hier.
Das Communication Lab wird aus Mitteln des Auswärtigen Amtes finanziert.